Es gab schon ein wenig Stress. Die Katzen waren seit vorgestern Morgen interniert und untereinander veranstalteten sie ihre Version von „Nur einer kann gewinnen“, ein Spiel das besonders den Kater nicht gefällt. Er wurde recht laut und ungemütlich, als die Kleine versuchte, ihn zu involvieren.
Die Kleine war es auch, die neben der Game-Show den Klassiker „Die Flucht von Alcatraz“ nachspielte und entweder versuchte, durch die Haustür zu entkommen, oder sich Zutritt zum Schlafzimmer zu verschaffen, warum auch immer. Die beste Ehefrau der Welt war mindestens zweimal bei heftigem Fluchen zu hören und es fehlte nicht viel, und sie hätte von „meiner Katze“ gesprochen.
Aber zum Mittag waren alle drei so müde, dass wir die Gunst nutzten und das Haus verließen, bevor wir weitere weitere Ausbruchsversuche abwehren hatten, was mit Gepäck ein wenig schwierig gewesen wäre. Wir hatten einen Shuttle-Service gebucht, der zuerst die Ascheberger von dort abgeholt hatte und uns dann. Pünktlich fuhren sie bei uns vor. Der Urlaub begann direkt an der Haustür und im Auto wurde schon Kaffee angeboten und ein paar Naschereien. Ein wirklich schöner Service.
Wir wurden so hingefahren, dass wir um kurz nach ein Uhr am Flughafen in Hamburg waren und von da waren es noch drei Stunden bis zum Abflug. Uns kam das ein wenig lang vor. Am Emirates-Counter waren wir nicht die ersten, reihten uns geduldig ein und warteten, dass wir ankamen. Kurz bevor wir dran waren, ging es nicht mehr weiter. Immerhin informierten sie uns recht rasch, dass sie ein Computerproblem hätten. Das lösten sie augenscheinlich eine Viertelstunde später, in dem sie die Rechner runter und wieder hochfuhren – eine ebenso schlichte wie elegante Lösung. Vor ein paar Jahren habe ich erlebt, dass dies auch mit einem Flugzeug selbst funktioniert, das irgendwelche Macken hatte. Der Kapitän informierte uns, dass er das Flugzeug rebooten müsse. Nicht, dass ich besonders sensibel wäre, aber mir ist es lieber, dass Rechner beim Einchecken neu gestartet werden müssen ungleich lieber, als das von meinem Flugzeugführer zu hören.
Aus dokumentarischen Gründen erwähne ich einen heftigen Hustenanfall, der mich unpassenderweise in der Warteschlange erwischte. Er nahm kein Ende, ich fing heftig an zu schwitzen und rot zu werden. Für mich war das recht unangenehm, allerdings weiß ich nicht, was dieser Anfall für Kopfkino bei anderen in der Schlange ausgelöst hat.
Offenbar haben die Fluggesellschaften nun auch unseren Trick durchschaut, alles Schwere in Handgepäck zu tun, um nicht das Gewicht unseres aufgegebenen Gepäcks zu überschreiten. So waren wir einigermaßen überrascht, als wir zuerst unser Handgepäck auf die Waage stellen sollten. Sieben Kilo sollten es sein. Meine Tasche hatte acht. Der Mann sagte nichts. Das Handgepäck der besten Ehefrau der Welt wog neun. Da sagte er sehr wohl was. Das ginge so nicht. Wir mussten zur Seite und umpacken.
Die Ascheberger waren zu viert, nach uns dran und aus der Ferne konnte ich beobachten, dass der Vorgang auch nicht reibungslos vor sich ging. Der Pass vom Papa konnte nicht eingelesen werden. Dabei insistiere ich immer, dass wenn man sich schon Fälschungen besorgt, bei der Qualität nicht sparen soll. An einem anderen Gerät funktionierte er dann wohl, womit der Einchecker entschied, dass er mitfliegen dürfe.
Das Handgepäck hatten wir nun auch reduziert – sprich umgepackt ins Hauptgepäck, womit dieses dann allerdings nicht mehr ganz die zwanzig Kilo einhielt. Das war dann aber wohl egal und musste nicht extra bezahlt werden.
An der Sicherheit ging alles glatt und schnell durch. Unser nächstes Highlight war die Passkontrolle. Auch hier reihten wir uns geduldig ein und machten uns auf eine längere Wartezeit gefasst. Vielleicht haben wir zwei Minuten da gestanden, da kam der Mann einer Sicherheitsfirma bei uns an, der die Wartenden fragte: »Jemand ohne Kinder?« Ja, wir! Obwohl, wir hatten Greta, aber sie hatte schon einen eigenen Pass und wir wurden an allen Wartenden vorbeigeleitet zur automatischen Passkontrolle.
Der Hamburger Flughafen ist ein Mysterium. Man wird nicht darauf hingewiesen, dass es so etwas gibt und man hat diese automatische Passkontrolle an einer Stelle installiert, die man von weitem nie erkennen wird und auch ein wenig zurückgesetzt. So braucht man zusätzliches Personal, welches Reisende auf diese Möglichkeit hinweist. Das ist so clever.
Apropos Cleverness: Es ist nicht das erste Mal durch eine solche Kontrolle gehe. Die Zeitersparnis kann ich auch noch nicht erkennen. Manchmal habe ich auch das Gefühl, man erspart den Grenzbeamten nur den lästigen Kontakt mit den ganzen Menschen und schränkt diesen auf die ein, die wirkliche Übeltäter sind. Nun stand ich dadrin und es dauerte und dauerte und dauerte. Da kommen einem langsam leichte Zweifel. Neben mir gingen die Herrschaften durch und ich stand da und kam nicht weg. Dann eine Durchsage: »An das Ehepaar Hahn! Sie haben Ihre Pässe getauscht, bitte kommen Sie zum Schalter.« Ohh, wie peinlich. Greta neben mir in der Schleuse lachte sich sofort schlapp und ist der Meinung, dass dies ein Höhepunkt der Reise gewesen sei.
Wir flogen von Hamburg nach Dubai. Der Flug war wie immer langweilig. Die beste Ehefrau der Ehefrau saß mit mir weit hinten. Der Pluspunkt war, dass wir deshalb eine Zweier-Kombi für uns hatten ohne, dass jemand neben uns saß. Der Nachteil war, dass man bei der Essensausgabe nur noch die Reste bekommt. Hühnchen geht ja immer. Aber wer bitte serviert dazu eine dunkle Pilzsauce mit Sauerkraut? Die Ascheberger saßen ziemlich weit vorn, in Sichtweite der Business Class.
Der Flughafen Dubai protzte mit seiner Architektur und wir hatten dort drei Stunden zu warten. Die Zeit verging … irgendwie … und ohne irgendwelche peinlichen Situationen ging es dann Richtung Johannesburg. Das Essen war nicht der Rede wert, langweilig war es ohnehin, geschlafen habe ich kaum. Einmal war ich ein wenig weggenickt, da spürte ich, dass etwas meinen Fuß berührte. Betatschte! Das hätte ein erotischer Traum sein können, der ein wenig ausbaufähig gewesene wäre. Die Realität war wie immer härter: Es war mein völlig unerotischer Vordermann, der irgendetwas unter seinem Sitz suchte. So eine Enttäuschung, zumal es das dann mit dem Schlaf gewesen war.
Meine Sitznachbarin, nicht direkt, weil neben mir war ein Platz frei, war Johannesburgerin und hatte zwei Tipps für mich: Immer in größeren Gruppen durch Johannesburg bewegen und ACC100. Angemessene Dankbarkeit: Schließlich hatte ich ihr gezeigt, wo sie ihren Kopfhörer anschließen kann und dafür gesorgt, dass der Platz neben ihr frei ist.
Nach der Grenzkontrolle trafen wir den Ex-Ascheberger Henrik, der aus Frankfurt geflogen kam und zwei Stunden vor uns gelandet war. Auch unser Transfer zum Hotel war schon da, denn Henry wartete auf uns. Wir hatten ihn auch nach einem Geldautomaten gefragt und er antwortete darauf etwas, wie nahebei, aber er fuhr uns erst einmal aus dem Flughafen und hielt erst eine halbe Stunde später an einer Tankstelle. Ich hob ein Vermögen in Rand ab und bekam alles in Hundert-Rand-Scheinen ausgezahlt. Nun verstehe ich, was es heißt, eine »fette Brieftasche« zu haben.
Henry lieferte uns im Hotel ab. Es war kurz nach zwölf Uhr und noch nicht alle Zimmer fertig. Deshalb war der ursprünglichen Plan: »Ablegen, duschen, abrufen« hinfällig und wir entschieden uns, zum Lunch zu gehen. Die Kinder hatten Hunger. Man empfahl uns einen Griechen ums Eck. Aber Henry bot an, uns dort hinzufahren. Das stellte sich als recht alberne Aktion heraus, schließlich redeten wir über dreihundert Meter. Nachher ist man immer klüger.
Was wir beim Griechen bekamen war wirklich lecker, auch wenn das Personal ein wenig enttäuscht war, dass wir so wenig aßen. Erste Erkenntnisse: Fanta Orange schmeckt anders, Fanta Grape trifft nicht jeden Geschmack und mit Orangensaft (frisch gepresst) kann man nichts falsch machen.
Fest auf dem Plan stand eine Standrundfahrt mit einem Hop-On/Hop-Off-Bus. Dazu mussten wir zur Mall nach Rosebank. Die hiesige Company bietet verschiedene Touren an. Die Hauptlinien umfassen eine rote und eine grüne Linie, wobei die grüne nach Rosebank zum Constitution Hill führte und auf der Strecke an Parks und dem Zoo vorbeifährt. Die rote Linie beschränkt sich auf die Stadt. Es gibt noch diverse andere Linien, zum Beispiel nach Soweto, aber dafür fehlte uns schlicht die Zeit. Mit der Abfahrt, die wir wählen konnten, wäre ein einziger Ausstieg möglich gewesen. Andernfalls wären wir nicht mehr zurück gekommen.
Kraftlos ist wohl das richtige Wort, wenn ich den Zustand der Truppe gestern Nachmittag beschreiben müsste. Einen Krieg hätten wir nicht mehr gewonnen. Die jungen Leute nutzen die Gelegenheit, um ein wenig Mittagsschlaf zu halten. Sie saßen dafür auch auf der richtigen Seite des Busses. Auf unserer Seite war das gefährlicher. Wenn man nicht aufpasste, peitschten Zweige über das Gesicht – das war aber auch der einzige Grund, warum wir aufmerksamer waren.
Johannesburg. Wenn man da ist, sollte man es sich anschauen. Eine lebhafte, vielfältige Stadt mit vielen Parks, in denen es gerade auf einem Sonntag Nachmittag sehr lebhaft zu geht. Dafür fehlte uns vielleicht das quirlige Geschäftsleben in der Innenstadt selbst, da die meisten Läden zu hatten. Nach wie vor bin ich jedoch der Überzeugung, dass man nicht für Johannesburg nach Südafrika reisen muss. Die Stadt entstand aufgrund der Bodenschätze in und um Johannesburg. Das merkt man der Stadt an.
Wenn man noch nicht hier war, ist eine Sache besonders gewöhnungsbedürftig: Alles ist verbarrikadiert, mit Mauern und Elektrozäunen ausgestattet. Man lebt hier hinter Festungen, sobald man in einer etwas besseren Gegend ist. Überall sieht man Aufpasser.
Kaum aus dem Bus bei Rosebank ausgestiegen, kramte Rüdiger in seinem Rucksack und vermisste seine Brieftasche. Er misste sie so sehr, dass er kurz darauf noch eine Sprint zum Bus über eine belebte Kreuzung einlegte und den Bus stoppte, der wieder auf dem Weg war. In der Zwischenzeit hatte Iris den Rucksack einer genaueren Inspektion unterzogen und die Brieftasche an einem abseitigen Platz gefunden. Wir konnten wieder ausatmen.
Kurz vor sechs Uhr abends waren wir im Hotel, konnten duschen und ruhen. War das schön. Eine Stunde später machten wir uns auf zu einem Italiener um die Ecke. Lecker! Pizza, Pasta, Bier, freundliche Bedienung.
Um neun Uhr lagen die beste Ehefrau der Welt und meine Wenigkeit in der Falle und kurz darauf schnarchten wir das Schnarchen der Gerechten.