Ausschlafen. Das war auf der Haben-Seite am gestrigen Morgen zu verzeichnen. Gepäck-Packen war auf der anderen Seite. So wogen sich die positiven und negativen Aspekte in etwa auf. Um zehn Uhr starteten wir mit Luan in Richtung Flughafen.
Wir wurden am Gruppen-Schalter bedient und kurze Zeit später mussten wir uns von Luan verabschieden. (Nebenbei-Geschichte: Am Abend vorher saßen wir auf einer Dachterrasse und genossen in der Saigoner Hitze einen kühlen Fruchtsaft. Susann hatte sich entschlossen, dass Trinkgeld schon zu übergeben und rief Luan, um dessen Aufmerksamkeit zu erhaschen: »Dong!« Wir schauten sie an, fingen an zu lachen und Luan reagierte nicht. Es war ja auch nicht sein Name gerufen worden. Susann begriff, dass sie etwas durcheinander gekommen war und nutzte noch mal den richtigen Namen. Seit dem ziehen wir sie – natürlich gemeinerweise – immer wieder mit Dong auf. Zur Erklärung: Dong ist der Name der vietnamesischen Währung.) Es wurde von einigen Gruppen-Mitgliedern die Vermutung geäußert, Namen nenne ich wie immer nicht, dass wir den besten Reiseführer schon gehabt hätten und dass es schwer wäre, diesen zu toppen. Ich bin an der Stelle immer der Meinung, dass es wahrscheinlich stimmt, aber dass der nächste Reiseführer anders sein wird, aber vielleicht nicht schlechter.
Wir flogen von Nha Trang und lernten dreierlei durch diesen Städtewechsel: Die Fluggesellschaft von Vietnam – Vietnames Airlines – ist wirklich eine sehr gute Fluggesellschaft. Das Flugzeug, das wir hatten, war modern und schick. Was da an Beinfreiheit in der Economy-Class geboten wurde, sollte mehr als Anregung für manch bekanntere Fluggesellschaft wie beispielsweise die Lufthanseaten sein. Beim Verlassen der Ankunftshalle am Flughafen wurde vom Personal geprüft, ob das mitgenomene Gepäck auch zum Gepäckabschnitt passen würde. Klar, dass dies Stress bereitete, war man doch auf so eine Kontrolle gar nciht vorbereitet. Und dann: Es gibt »An«, ein ganz eigener Typ von Reiseleiter.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass er der Fürsorgliche ist. Er schaut ständig, dass wir unsere Fotoapparate und Kameras richtig befestigt haben; ist in Sorge, ob uns das Essen schmeckt; dass das Hotelpersonal uns versteht; dass es uns gefällt und und und. Zudem überraschte er uns, indem er perfekt eine Mischung aus dem bayerischen und österreichischem Dialekt nachmachen kann. Das tat er gleich am Anfang – ein gefährliches Unterfangen, wenn man mit Preußen zu tun hat – und brach damit das Eis.
Aufgeregt war er sowieso, schließlich hatte die Frau Mama Geburtstag. Wir hatten natürlich morgens im Hotel schon gratuliert und Frau Schwiegermama hatte sogar ein Geschenk dabei gehabt. Angesichts drohenenden Übergepäck war die Beschlusslage aber die gewesen, dass es keine Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke geben sollte. Luan hatte schon angekündigt, dass es ein Geschenk der Reiseagentur geben würde und diese hatte am Morgen schon einen Geburtstagsgruß gesandt, lustigerweise auf Französisch. Auf dem Weg zum Lunch wurde ich von An gestellt und er sagte, dass es einen Geburtstagskuchen geben würde. Wann wir diesen Essen wollen? Ich meinte, üblicherweise wäre dies bei uns nachmittags der Fall, also wäre es vor dem Dessert ganz passend. So lange hielt er es aber nicht aus und so kam es, dass der Geburtstagskuchen schon vor den Vorspeisen präsentiert wurde. Gegessen wurde das Wunderwerk aus Sahne, Zucker und Kalorien aber erst später.
Die zweite Überraschung war ganz anderer Natur gewesen. Ein Mann betrat nach dem Essen den Raum, wahrscheinlich wurde er auch mit Namen vorgestellt, was ich aber mitbekam war, dass der der Deutschlehrer von An gewesen war. Mitte Sechzig mochte er gewesen sein, aber er nahm uns gleich ganz in Beschlag und stimmte ein zweites Mal Happy Birthday an. Sagen wir es mal so: Luan sprach gut Deutsch und war gut zu verstehen; An spricht auch sehr gut deutsch, allerdings ist manchmal schwerer zu verstehen, dafür ist sein Wortschatz um ein vielfaches größer als das von Luan – der alte Herr war hin und wieder gar nicht zu verstehen, aber sein Wortschatz war fast perfekt zu nennen. Er erzählte, dass er in der DDR studiert hatte und mehr als sieben Jahre auf deutschem Boden verbracht hatte. Er war in der Lage, Witze auf Deutsch zu machen – situationsbedingt – und Witze zu erzählten. Das in einer Fremdsprache halte ich für ein Talent. Er brachte eigene Blumen für das Geburtstagskind mit, trank meine Cola aus und äußerte sein Bedauern darüber, dass wir an Heiligabend nicht in Nha Trang wären, weil dann hätte man gemeinsam feiern können.
Die Menschen zwischen dem Süden und dem Norden wären unterschiedlich, das hatte Luan schon gesagt. Der alte Mann beschrieb es so: Im Norden wird viel Fleisch gegessen, sogar Hunde und Katzen. Das würde träge machen. Im Süden würde man viel Fisch und wenig Fleisch essen und man weiß ja, wie sich ein Fisch fortbewege. Immer fix unterwegs…
Nun haben wir das dritte Mal gehört, dass es im Norden auch unsere Haustiere zu essen gäbe, nun glauben wir es auch.
Nha Trang ist übrigens ein Touristenort. Große Hotels liegen an der Küste und diese werden bevorzugt von Russen bevölkert. Die Einheimischen, die wir nun in Form von Reiseführern kennengelernt haben, sehen dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits sind es Touristen und diese bringen Geld; allerdings halten sie die Russen für keine angenehmen Gäste – sie sind laut, maßlos und an der Kultur des Landes nicht interessiert. Vorher wären mehr Mittel- und Westeuropäer in Nha Trang gewesen, die würden aufgrund der Russen nicht mehr kommen. Hier wird nur wiedergegeben, was uns gesagt wurde … werten lässt sich das nicht, zumal ich der felsenfesten Überzeugung bin, dass dies gar nicht mal so unwahrscheinlich ist, das wir aus Mittel- und Westeuropa aber haargenau die gleiche Klientel nach Nha Trang schicken könnten, was den Vietnamesen allerdings erspart bleibt, da der Anflug zu lang und zu unbequem ist. Das mag sich noch ändern, wenn man von Düsseldorf aus einen Direktflug am Tag (oder gar drei, wie von Moskau aus) nach Nha Trang organisieren würde.
Gestern abend sind wir dann noch durch die Stadt gezogen. Unser Hotel – Starlett Hotel – ist ein einfaches Hotel am Rande des Touristen-Distrikts. In diesem gibt es ein Restaurant bzw. Hotel am nächsten. Zu Abend gegessen hatten wir am Sailing Club direkt am Strand. Sehr schöne Kulisse bei sehr schönem Essen und nicht zu vergessen: Der Greeter, war ein Deutscher, und man könnte ihn sogar als Potsdamer bezeichnen, was zusätzliche Bonuspunkte bringt.
Heute war dann frühes Aufstehen angesagt, denn um acht Uhr sollte es schon losgehen. An brachte uns zu einem Boot, und mit dem machten wir auf verschiedenen Inseln oder vor verschiedenen Inseln halt. (Sicherheit auf vietnamesisch: Während des Verlassens des Hafens mussten wir Schwimmwesten anziehen, danach durften wir sie ausziehen. Bei der Ankunft im Hafen hatten wir die Westen dann allerdings nicht anlegen müssen.) Der erste Programmpunkt war das Aquarium von Nha Trang. Dank Susann habe ich schon einige Aquarien kennengelernt. Wenn eines einer Renovierung bedurfte, dann dieses. Die äußere Aufmachung war die eines Piratenschiffes und sicher ganz lustig. Man kann noch nicht einmal sagen, dass die Aquarien lieblos aufgemacht gewesen waren – sie waren halt nur nicht artgerecht aufgemacht. Der Fairness halber will ich aber sagen, dass mir solch eine Präsentation im Jahr 2000 auch in Atlanta noch untergekommen ist. Die Pläne, die außen ausgehängt waren, lassen aber hoffen, dass es zu einer Renovierung kommt – hoffentlich auch für die Aquarien.
Den nächsten Punkt musste ich allein absolvieren. Ich wurde auf einer Nuss-Schale an der Küste entlang gerudert und konnte durch ein Bullauge die »Landschaft« unter Wasser betrachten. Schnorcheln wäre wohl auch möglich gewesen, aber noch zeitaufwendiger. Aber ich fand auch das grandios, die kleinen Fische zwischen den verschiedenen Pflanzen.
Den einleitenden Satz des letzten Absatzes kann ich noch einmal wiederholen: Den nächsten Punkt emusste ich allein absolvieren, denn die nächste Station war ein Fischverkauf. Man konnte in den Behältern verschiedene Fische begutachten und da gab es Hummer, andere Krebs, Fisch, Tintenfische und und und. Da gab es jede Menge zu sehen und es war schon beeindruckend. Der Umgang mit den Tieren war nicht so beeindruckend und die Russen als Käufer solcher Tiere war es mal schon überhaupt nicht.
Dann stand ein wenig Relaxing auf dem Programm. Wir fuhren zu einem Privatstrand, der allerdings keinen eigenen Strand hatte, sondern nur eine Anlage von Sonnenliegen und man konnte über das Wasser steigen. Das hatten wir uns ein wenig anders vorgestellt, war aber gar nicht so schlimm, denn die Sonne hatte sich noch nicht wirklich hervorgequält. Hin und wieder war sie da, aber zum Baden lud sie nicht ein. Es kamen zwei Damen und die fingen dann an, die vier Damen der Gruppe zu massieren. Erst sollte es nur eine Fußmassage sein, aber später wurde es dann noch mehr. Essen gab es dadurch später.
Vielleicht waren die Katzen deshalb so ungnädig und quengelten vor meinen Füßen so vor sich hin. Da war die Mutterkatze und drei Kleine, die hin und wieder um sie herumschwirrten. Ich konnte nicht anders, ich musste etwas von meinem Essen teilen. Den Anschiss meiner Schwester nehme ich mir sehr zu Herzen, dass man die Viecher nicht füttern soll, habe ich zur Kenntnis genommen, stimme dieser Kritik vernunftgemäß auch vollumfänglich zu (Füttern bei Tisch gibt es bei uns zu Hause während der Mahlzeit auch nicht) – es ist mir aber auch egal. Ich bin ja schließlich nicht zu Hause und sie waren so süß. Das Essen wurde auch nicht verfüttert, weil es nicht geschmeckt hätte. Es war nur wieder einmal viel zu viel.
Der Nachmittag wurde mit dem Besuch eines buddistischen Tempels (Pagoda Long Son – interessant) und einer heiligen hinduistischen Stätte (Tháp Bà Ponagar – muss man gesehen haben) eingeleitet, bevor es weiter in ein Museum ging (über Alexandre Émile Jean Yersin – Entdecker des Pest-Erregers – das brachte mir jetzt nicht ganz so viel) und schlussendlich auf einen Markt, der interessant war, aber sicher am frühen Morgen noch viel interessanter gewesen wäre. Auf Letzterem kaufte ich Erdnuss-Bonbons und ich merkte, dass es gut ist, mit den Leuten ein wenig zu Handeln, dass diese aber besser dadrin sind als ich. Ein wenig Nachlass gab es immer, aber nicht so, dass ich wirklich zufrieden mit mir gewesen wäre. Immerhin haben wir die zwei Kühlschrank-Magneten statt für 30.000 Dong für 25.000 Dong bekommen.
Gleich geht es in Richtung Abendbrot. Neben mir duftet das gebackene Reispapier-Gepäck so verführerisch. Aber ich bleibe stark. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich mit meinem Schnäppchen von Erdnuss-Konfekt mache, das ich auf dem Markt »erstanden« habe… Sorgen über Sorgen, Stress über Stress!