Ich liege auf dem Bett und die Klimaanlage und der Kühlschrank kämpfen um den Preis für die lautesten Geräusche. Im Augenblick liegt die Klimaanlage noch in Führung, aber die wird später abgeschaltet, da das Zimmer schon Temperaturen hat, die in Deutschland als herbstlich bezeichnet würden. Sie leistet also gute Arbeit.
Kurz vor dem Schlafengehen habe ich vorsichtshalber mal eine Schlaftablette eingeworfen und mich dann dem Schlaf der Gerechten hingegeben. Um zwei Uhr nachts war ich kurz wach, schaute auf die Uhr und dachte nur: »Da hat die Tablette aber auch nicht weiter geholfen, als die versprochene Mindestzeit.« Dann war ich wieder weg und wachte mal um fünf Uhr auf. Kurzer Blick auf die Uhr und schon war ich wieder weg. Um sieben Uhr begann dann der Kampf zwischen Wecker und Pflichtbewusstsein. Letzteres gewann dann um acht Uhr.
Ein Kollege hatte mir eine Wegbeschreibung gegeben, die ich nutzen konnte, wenn ich zu Fuß gehe. Er hatte es in etwa so geschrieben: »Man kann auch laufen, was wir immer getan haben. Naja, ich bin mit T. mitgegangen, weil der immer gehen wollte.« Das ist auch kein Drama, denn länger als zehn Minuten geht man nicht. Zwei Überführungen: eine über die Bahn und eine über eine Schnellstraße, schon ist man da.
Ich hatte einmal auf den Zettel geschaut, schon stand eine Frau neben mir und fragte, ob sie helfen könne. Bevor ich nein hätte sagen können, hatte sie schon auf den Zettel geschaut und mir gesagt, dass ich über die beiden Überführungen müsse. Danke. Und wenn ich ehrlich bin, hatte ich das Gefühl, dass in dem Moment, als ich den Zettel hervorholte, schon zwei andere auf der Straße mich fixierten und bereit zur Hilfe war. Die Frau war nur die Erste.
Es ist warm hier und als ich die Firma erreicht hatte, war ich schon einmal nass geschwitzt. Der Wärter am Eingang sagte mir, wo es hinging und schickte mich durch das Gebäude. Dort wollte ich, nachdem es an dem Nebeneingang schon so locker zuging, gleich in den Fahrstuhl, aber nein, eine strenge Dame wollte mir unbedingt einen Besucherausweis verpassen, verlangte meinen Pass und zusätzliche Informationen. Abgeben konnte ich den Zettel nicht mehr, denn als ich um sechs Uhr heute ging, hatte das Besucherwesen schon Feierabend gemacht. Auf meine Frage, ob ich denn den Pass behalten könne, meinte meine Betreuerin beim Kunden, nein, jeden Tagen neu, bis sie sich an mich gewöhnt hätten. Dann würde es auch ohne das Prozedere gehen.
Joey ist sehr nett. Sie fragte zum Mittag auch, ob ich mit zum Essen wolle – Hähnchen und Reis würde es geben – und so trottete ich mit. Sie erklärte mir, was es so gab. Das war eigentlich egal, denn selbst wenn ich die Worte gekannt hätte, ich hätte sie nicht als solchen wohl nicht wiedererkannt. Das Hühnchen saß so aus, dass ich es nicht essen wollte. (Was mir gestern Abend schon einmal so gegangen ist.) Also nahm ich Fisch. Schien eine gute Wahl zu sein, denn Joey schaute zufrieden und bezahlte das Essen. Der Fisch schmeckte sehr gut und als ich das Gemüse, von dem das eine Bohnen waren und das andere alles sein konnte bis auf Broccoli, aß, wurde mir bewusst, was asiatische Schärfe ist.
Schärfe, die ich heute Abend noch einmal versprochen bekam – da war ich bei Pizza Hut. Nun lacht so mancher, und denkt, da ist er schon mal in Asien und da geht er zu einer Kette. Ja, absichtlich, wofür drei Gründe sprechen: Zum Einen hatte ich ja schon was gehabt. Zum Zweiten ist Alleinessen in guten Restaurants meistens blöde. Und drittens: Wenn man Pizza Hut-Besucher in Deutschland und anderen Ländern war, so lohnt sich der Besuch in Malaysia auf alle Fälle – man wird es kaum wiederkennen. Zusammengefasst würde ich sagen, bis auf den Teig ist alles anders. Meine Pizza Chicken Masala war nicht ganz so scharf, wie ich mir das nach dem Mittagessen vorgestellt hatte und die Peperoni auf der Karte wohl eine Untertreibung. Eine Erklärung liegt vielleicht darin, dass der Kellner sich dachte, dass die Bleichhaut keine Schärfe verträgt und in der Küche Bescheid gegeben hat, dass sie Mäßigung üben sollen.
Ich habe in dem größten Großraum-Büro gesessen, das ich jemals betreten habe. Ich konnte nicht zum anderen Ende sehen (was nicht nur an der Brille liegt) und ich saß in der Mitte. Neben mir saß eine chinesisch-stämmige Frau, jüngeren Alters und kräftiger Statur, die ein Radio hatte. Sie arbeitete mit zwei Musliminnen zusammen, beide sehr jung, ständig am Lachen und Kichern, und wenn nicht das, so summten die drei die Melodien aus dem Radio nach. Auf der anderen Seite saß ein Mann, der mit zur Gruppe von Joey gehörte, und ständig »Wow!« sagte, wenn ich etwas zeigte. Manchmal hatte ich den Eindruck, er fragte Sachen nur aus Höflichkeit. Zu der Gruppe gehörte noch eine Muslima, die nicht fragte, sondern wusste und dem Mann seine Fragen manchmal schon während er sie stellte beantwortete. Da war ich noch damit beschäftigt, auseinander zu klamüsern, was er gerade gefragt hatte.
Susann hatte mich vor der Reise gewarnt, dass ich die Asiaten ein schwieriges Englisch sprechen würden. Ich habe gescherzt, das würde nichts machen, sie würden es mit mir auch nicht leicht haben. Das stimmt nicht ganz. Sie verstehen mein Englisch wohl ganz gut, so simpel es wie es gestrickt ist, aber das abgehackte und schnelle Englisch von denen, das macht mir wirklich zu schaffen. Manchmal frage ich zweimal nach und erwische mich dabei, wie ins Ungenaue antworte. Die Trefferquote ist dabei nicht schlecht, aber nicht hundertprozentig. Ich hoffe nur inständig, die kommen sich dabei nicht so blöd dabei vor, ich mir.
Wenn man was isst und ordentlich trinkt, kommt der Moment, vor dem wir alle nicht gefeit sind: Es muss auch weggebracht werden. Der Weg wurde mir akkurat beschrieben und ich habe es auf Anhieb gefunden. Als ich dann in der Kabine stand, malten sich aber ein paar Fragezeichen in mein Gesicht. Kloschüssel wie zu Hause, zusammen mit der Klobrille sah das ziemlich heimisch aus. Nur, was machte der Schlauch zwischen Brille und Schüssel, der an einen Wasserhahn angeschlossen war. Die Spülung war es nicht, die existierte separat und funktionierte auch tadellos. Später drängte es noch einmal und ich eilte in die gleiche Kabine – ich bin ein Gewohnheitstier – nur stand meine Kabine unter Wasser und der Schlauch lag auf dem Boden. Sauber war es ja, aber nass und was das mit dem Schlauch soll, lässt mich rätseln. Vielleicht ist es ja eine Art Klobürste, denn die gab es nicht. Andererseits wenn man mit einem Schlauch Wasser mit einigem Druck in eine Kloschüssel schießt, sieht man nicht selbst im Anschluss wie die Kabine aus – ziemlich nass?
Auf dem Heimweg kam ich auf die Idee, nicht durch die Straße zu gehen, sondern in einen Block hinein, der wie ein Hof aussah. Wenn ich ehrlich bin, war es die kleine Miezekatze, die vor dem Eingang lag, und die mich neugierig gemacht hatte. Da davor eine Frau stand, konnte ich diese Mieze nicht fotografieren. Vielleicht sehe ich sie ja morgen wieder. In dem Gang zu dem Hof waren die Fahrstühle zu den Hochhäusern. Ich trat durch den Eingang und war erschlagen. Es erinnerte an die Bilder von Berliner Mietskasernen, in die kaum Licht drang. Hier war nun kein Platz zum Spielen, sondern es standen es war ein Parkplatz (glücklich wohl, der einen bekam). An mir huschte etwas vorbei und ich saß, dass es eine Ratte war. Die Foto-Ergebnisse sind nicht so gut, wie man oben sehen kann, denn die Ratten waren zwar nicht scheu im klassischen Sinn, aber ein wenig eigen was Fotos anging. Ich wollte da nun nicht auf Ratten-Fotosafari gehen, von daher machte mich dann bald vom Acker.
Auf der anderen Seite des Flusses bezahlt man wahrscheinlich für den Flussblick einen Aufschlag, aber auch hier hatte man es sich was recht hübsch gemacht, wie man sehen kann. Auf der Straße gab es Stände, an denen man zu Essen kaufen konnte. Davon ließ ich mal ab, der Eindruck der grauen Tierchen mit den langen Schwänzen war noch zu frisch.