Es gibt so Reizwörter, auf die Leser besonders gern anspringen. Anspielungen, nicht auf den ersten Blick erkennbar, gehören dazu sicher auch. Ein Teil meiner Leserschaft, die weibliche, wird bei der Überschrift, die an die Heldin einer Buch- und/oder Filmreihe erinnert und bei der schon der Name ungezügelte Erotik verspricht, sofort aufhorchen und mit dem Gedanken „Was wohl dieser Oliver mit Angelique zu tun hat. Der ist doch verheiratet!“ anfangen zu lesen.
Susann, die mit mir verheiratete Frau, übrigens nicht. Sie macht zwar fleißig Werbung für mein Schrifttum, aber ich habe lange nicht gehört, dass sie gesagt hätte: “Das kannst Du doch nicht schreiben.” Und das täte sie, wenn sie hier mitlesen würde.
Aber kommen wir zurück zu Angelique: Sie machte mich heute morgen wach. Mein Ziel war wieder der erste Zug von Saint-Lô nach Paris. Das Wetter war gut in Saint-Lô und für Paris war das Selbe zu erwarten. Der erste Zug, dass hieß um sechs Uhr aufstehen, seine Sachen zu packen (und dabei nichts zu vergessen), eine Kleinigkeit zu frühstücken und dann seinen Platz im Zug einzunehmen. Während des Aufstehens war ich noch versucht zu sagen: “Du kannst ja einen Zug später nehmen.”, aber ein wenig Zeit zu haben, ist auch nicht schlecht und gibt einem ein wenig Sicherheit.
Mit dem Packen war das auch kein Problem.
Bezahlen musste ich nichts, das übernimmt die Firma und an der Stelle kommt Angelique ins Spiel. Sie war heute morgen die Mitarbeiterin am Desk. Ein bezauberndes Lächeln empfing mich und sie erinnerte sich, dass ich gestern abend nach einer Ansichtskarte von Saint-Lô gefragt hatte – darauf komme ich gleich zurück – und präsentierte mir eine stattliche Auswahl von zwei Stück. Ich bzehlate die Karte und sie präsentierte mir die Rechnung und ich sagte ihr auf Englisch, dass die Rechnung an die Firma gesendet würde. Sie lächelte zurück und meinte, ob ich das nicht auf Französisch sagen könne, denn sie würde kein Englisch verstehen. Aaarggg! Nein, konnte ich nicht. Aber ich war hellwach und nestelte nach meinem Translator und fing an nach den entsprechenden Begriffen zu suchen, um daraus notdürftig einen Satz zu basteln, den auch sie verstehen würde. Das, was dann aus meinem Munde kam, überzeugte mich nicht, aber machte wohl verständlich, was ich wollte. “Kein Problem, machen wir gern.” Das war gerade noch mal gut gegangen.
Aber sie hatte mit der Ansichtskarte gepunktet. Gut, auf der Ansichtskarte ist nicht soviel zu sehen. Es ist eine Zeichnung der Front der Stadt-Silhouette, die wir vom Hotel aus auch jeden Tag begutachten durften, aber nicht wirklich schön. In Saint-Lô kommt nur derjenige auf seine Kosten, der eine Vorliebe für die Architektur der 50er und 60er Jahre hat. Es war also schon schwierig genug soe eine Postkarte zu bekommen, die anderen Versuche schlugen sämtlich fehl.
Mein französischer Kollege, dem ich mein Ansinnen erklärt hatte, schaute mich irritiert an: Eine Ansichtskarte aus Saint-Lô? Die Verkäuferin im ersten Laden, schaute ein wenig erschrocken und meinte dann, es täte ihr leid, aber Ansichtskarten von der Stadt hätten sie nicht. So leicht gaben wir nicht auf. Wir gingen in den nächsten Laden, der sich dafür anbieten würde. Postkarten hatten sie: von Katzen, Blumen und anderem Zeugs. Ich fragte erneut nach, ob er Ansichtskarten hätte. Der Mann schaute mich an, meinen französischen Kollegen, dann wieder mich, lachte ein eigenartiges Lachen und meinte dann kurz und knapp: “Non!” Ihm tat es noch nicht einmal leid, so wie der anderen Verkäuferin. Der letzte Versuch dann gestern abend im Hotel. Angelique, von der ich noch nicht wusste, dass sie mich am Morgen wach machen würde und sie mich bei einer etwaigen Konvervation nur in Französisch anhauchen könnte, verzog das Gesicht und fragte nur: “Von Saint-Lô?” Hmm, dies war mein Wunsch.
Den sie mir erfüllt hatte. So begann mein Tag heute. Kein so schlechter Beginn.