Da hatte ich gestern gesagt, über heute würde es viel zu berichten geben, aber ganz vergessen, dass es über das Gestern auch noch was zu sagen gibt. Nach Washington D.C. sind wir nach dem Motto hereingefahren: »Wir haben ein Kennezeichen aus Alabama.« und der Gewissheit, dass wir ja noch von viel weiter her kämen. Das hat uns an einigen Kreuzungen einige Wartezeit erspart und gewiss zwei-, dreimal die Bezeichnung »Provinzler« eingehandelt, was uns aber gewiss kalt gelassen hätte, wenn wir es denn gehört hätten. Haben wir aber nicht.
Aus der Beschreibung und Reservierung wussten wir, dass es sich um ein Hotel in der Nähe der Universität handeln würde. Ein Marriot, so waren wir also sehr guter Dinge. An der angegebenen Adresse befand sich viel, allerdings kein Hotel. Ich ließ das Auto ein wenig weiterfahren, hielt an einer Bushaltestelle und gab die Adresse in unseren TomTom nochmals ein, denn es war nicht auszuschließen, dass ein Anwenderfehler vorlag.
Leider war seine Angabe die, dass wir an der nächsten Kreuzung links abbiegen sollten, dann gleich wieder links und dann wären wir schon am Ziel. Spring an seinem ursprünglich ausgerechneten Ziel. Na, dachten wir uns, vielleicht haben wir es ja nur nicht gesehen. Aber als wir wieder davor standen und auf den Platz fuhren, hatten wir links ein Krankenhaus und rechts ein Krankenhaus, so dass ich mir nicht mehr so sicher war, was ich bei Expedia.de gebucht hatte.
Meine Methode, auf den Parkplatz zu fahren, um jemanden darüber zu befragen, wie falsch wir denn waren, löste bei den Parkplatz-Herrschaften sicher einige Aufregung aus. Jedwede Absperrung ignorierend fuhren wir auf Leute zu. Susann sprang aus dem Auto und interviewte sie und bekam zur Antwort, dass hinter den Krankenhäusern unser Hotel- und Kongress-Center liegen würde. Mittlerweile hatte ich gemerkt, dass ich auf einem bewachten Parkplatz war (erste bis zweite Stunde für nur 10 Dollar), und dass es ratsam wäre, diesen wieder fix zu verlassen, da ich ja auch keine Parkkarte gezogen hätte. Wir fuhren also auf dem gleichen illegalen Wege weg, auf dem wir gekommen waren und es wäre wohl unhöflich gewesen, der Parkwächterin zuzuwinken.
Mit der Beschreibung im Kopf war es auch gar nicht mehr weit bis zum Hotel, vielleicht dreißig Sekunden. Während ich das Auto bewachte, enterte Susann das Hotel um sich zu erkundigen, ob unsere Reservierung samt Bezahlung angekommen sei. Susann war noch gar nicht zurück, da kam ein Schwarzer in roter Uniform auf mich zu und fragte mich, ob ich Oliver Hahn sei. Es war nicht so, dass mir meine plötzliche Prominenz zu Kopf stieg, ich war aber mächtig verwirrt. Paris Hilton ist im Gefängnis und da wird sich schon auf jeden gestürzt, der ankommt. Nein, es war nur der Hoteldiener. Der es gleich schaffte mich in weitere und tiefere Verwirrung zu stürzen. Seine Frage nach irgendwas konnte ich nicht beantworten. Ich verstand nur Vogel. Und Fan. Nicht viel mehr. Das war schon ziemlich viel und meine abgrundtiefe Verständnislosigkeit begreifend, zeigte er auf mein T-Shirt, auf welchem ein Vogel prangte (urlaubsintern wurden die Vögelchen Red Breast genannt und unterscheiden sich eklatant von Red Flegel und Red Haupt), welches wohl das Maskottchen irgendeiner Mannschaft war, die ich aber nicht kannte, woraufhin ich erwiderte, nein, für mich wäre das nur ein nettes T-Shirt. Er seinerseits fragte mich, ob er sich besser mit mir auf Französisch unterhalten solle. Ich schlug vor, es auf Englisch zu belassen – das wäre für uns beide besser. Ich drückte ihm ein Vermögen an Trinkgeld in die Hand und erkundigte mich, wo ich das Auto lassen könne. Im Parkhaus, war seine Antwort, und da fuhr ich dann mal hin, um zu registrieren, dass das Parken von Autos in allen Großstädten der USA fast soviel kostet wie eine Nacht im Hotel.
Susann meinte aber später, sie hätte spezielle Karten bekommen und es wäre nicht so schlimm. Internet in Kongress-Hotels ist übrigens nicht frei, sondern kostet fünf Dollar die Viertelstunde, zumindest in diesem hier, und kommt noch nicht einmal Wireless daher. Meine Expertin für Sicherheitsfragen vermutete, dass es damit zusammenhängen könne, dass man mit den Funkwellen nicht die Krankenhaustechnik stören wolle, aber es gibt hier genügend Netze, nur dass sie nicht frei zugänglich sind. Was bedauerlich ist, und mein Bild vom Internet-Hotel-Paradies USA ein wenig trübt.
Dafür sind die Betten klasse. Wir haben in diesem Urlaub auch Eiswürfel-Maschinen zu schätzen gelernt, aber das nur am Rande. Ich kann mir ein noch so warmes Getränk mitnehmen, ein paar Eiswürfel reinwerfen und es ist innerhalb von Sekunden kalt. Fantastisch. Mit Kaffee haben wir es nun nicht probiert, Susann ist da etwas altmodisch, aber für Erfrischungsgetränke kann ich es garantieren. Die Angewohnheit, alle Getränke mit Eiswürfel zu garnieren, ist wohl auch der Grund, warum hier meistens Getränke mit Strohhalmen getrunken werden. Die Eiswürfel hemmen den Trinkfluss. Nur verspielte Europäer, so wie meine Wenigkeit, die zum Abschluss auch gern jeden einzelnen Eiswürfel noch auflutschen wollen, meiden solches Trink-Zubehör und fallen so schon als Foreigner auf. (Andere Möglichkeiten aufzufallen: {a} Mit Messer und Gabel die ganze Zeit essen. {b} Hand während des Essens auf dem Tisch behalten.)
Nachdem wir realisiert hatten, dass wir uns auf einem Universitätsgelände befanden mit angeschlossenem Krankenhaus, sind wir hier in Georgetown spazieren gegangen und haben bei einem kleinen Thailändern namens Basil gegessen (Wisconsin Ave.). Ich hatte extra nichts gesagt, und bekam mein Essen so scharf, wie ich es verdient hatte. Ein wenig neidisch war ich auf die Glasnudeln, die Susann hatte, denn mir fallen solche Nudeln nie ins Auge und immer bekommen sie andere Leute. Da ich eine absolut verständnisvolle Ehefrau habe, durfte ich aber an ihren Glasnudeln teilhaben und sie tröstete mich, indem sie meinte, dass mit den Glasnudeln hätte sie bei der Bestellung auch nicht gewusst.
Heute sind wir in aller Herrgottsfrühe aufgestanden, zumindest für Touristen und waren schon vor halb acht Uhr unterwegs. Vom Universitätsgelände, welches wirklich nicht abseitig liegt und von dem aus es nicht nicht weit in die Stadt ist, fährt ein kostenloser Shuttle-Bus zu einigen Metro-Stationen. Wir nahmen irgendeinen Shuttle-Bus, der natürlich nicht zu einer Metro-Station fuhr, sondern zu anderen Hotels und dann wieder zurück zum Universitätsgelände. Aber wer sagt, dass der erste Versuch immer gleich gelingen muss.
Der Zweite klappte und brachte uns zu einer Metro-Station, die eine Rolltreppe hatte, die uns zu verschlucken versuchte. Was aber nichts gegen den Fahrscheinautomaten war, den wir einfach nur verständnislos anblickten. Man kann wirklich nicht behaupten, dass wir nicht viel herumkommen und so manches mal, steht man ein wenig vor dem Fahrscheinautomaten und sinniert. Aber hier in Washington standen wir zu zweit vor dem Automaten und verstanden nur Bahnhof. Ein Mann von den Verkehrsbetrieben kam und fragte, ob wir Hilfe benötigten. Oh ja, meinten wir, das täten wir. Dann erklärte er uns den Automaten. Der Clou ist, dass wir uns den Fahrpreis selbst errechnen (an Hand einer Tabelle) und mit dieser Information unter Berücksichtigung der Umsteige-Haltestellen und der Möglichkeit der Extra-Preise der Rush Hour, den Wert unser Fahrscheine selbst eingeben müssen. Nachdem wir dieses Examen abgelegt hatten und die Rush Hour der Metro in Washington kennengelernt hatten, machten wir uns auf dem Weg zum Weißen Haus, das man übrigens besichtigen kann, wenn man sich drei Monate vorher ein Termin besorgt, spazierten über das Washington Monument zum Lincoln Monument und von dort aus an diversen Kriegsdenkmälern vorbei zum Capitol.
Heute in den Abendnachrichten war von der Hitzewelle die Rede, die uns sehr zu schaffen machte. Gegen zwei Uhr entschieden wir uns, unsere Capitol-Besichtigung sausen zu lassen und im Hotelzimmer abzuruhen. Zu dem Zeitpunkt war ich schon so durchgeschwitzt, dass man mich problemlos hätte im Zoo aufnehmen können. Schlimmer war aber noch, dass ich an kriegsentscheidenen Stellen wund war, denn Feuchtigkeit und Reibung können unerfreuliche Folgen haben.
Trotzdem machten wir uns heute abend noch mal auf dem Weg und inspizierten das Universitätsgelände, bevor wir bei einem Italiener (Papa Razzi, wirklich überall ein absolut erfrischender Name, der aber ebenfalls in der Wisconsin Avenue leckeres Essen serviert. Wir hatten den Eindruck, dass wir nicht ganz passend gekleidet waren – aber an diesem Abend hätte jeder aufgrund meiner Wunden Kompromisse machen müssen.) Zu allem Überfluss war ich der Meinung, dass es erfrischend wäre, wenn ich ohne Socken (wie bis dato) in den Sandalen spazieren würde. Eine Meinung, die von meinen Füßen nicht geteilt wurde. Nun bin ich unten wund, in der Mitte wund und ein wenig Sonnenbrand habe ich ja auch noch. Für die Rückfahrt nahmen wir dann ein Taxi, womit wir auch das mal hatten.