So ganz optimal fing der Urlaub nicht an. Susann kam am Mittwoch erst kurz vor Mitternacht nach Hause und offizielles Aufstehen war dann um kurz vor vier Uhr angesagt. Das drückte ein wenig auf die Stimmung. Abgesehen davon, dass wir nicht richtig ausgeschlafen waren.
Susann war auch der Meinung, dass die Zeiten recht knapp kalkuliert waren. Wir sollten – und so war es dann auch – um viertel nach fünf Uhr von einem Taxi abgeholt werden, welches uns zum Bahnhof nach Neumünster brachte. Von dort ging es mit dem Flughafen-Bus nach Hamburg. Der ging um fünf vor sechs Uhr und sollte um zehn nach halb sieben Uhr am Flughafen in Hamburg sein. Der Flieger ging dann um fünf vor acht Uhr in Richtung Frankfurt.
Mit meinem unverbesserlichen Optimismus, der mich hin und wieder ins Schwitzen gebracht hat, war ich der Meinung, dass das alles wunderbar klappen würde. Wir kamen so wie im Busfahrplan angekündigt, in Hamburg an. Schnappten uns ein Quick-Checkin-Automaten und partizipierten davon, dass man an dem Schalter sogar mittlerweile sein Gepäck aufgeben kann. Wir waren also um zehn vor sieben Uhr eingecheckt und konnten uns in Ruhe zum Gate begeben.
Die Alternative wäre eine Abfahrt um vier von Neumünster gewesen. Dann hätten wir gar nicht mehr zu Bett gehen brauchen, und wir hätten uns in Hamburg drei Stunden gelangweilt.
Es sollte der erste Fernflug mit Lufthansa sein. Rückblickend betrachtet muss ich sagen, wir haben die perfekte Airline für Economy-Fluggäste noch nicht gefunden. Die Beinfreiheit war o.k., dafür waren die Sitze wirklich arg schmal. Im Gegensatz zu British Airways und Air France war das Bord-Video-Entertainment zentral, so wurde auf den Bildschirmen irgendwann ein Film gesagt und davor jede Menge Krams und danach jede Menge Krams. Mein favorisiertes Bord-Programm »Wo bin ich? Wann kommen wir denn endlich an?« konnte ich deshalb nur hin und wieder als Lückenfüller genießen.
Auf dem Flughafen gab es die »ZEIT«, andere Zeitungen waren aufgrund des Feiertags nicht greifbar. Nun ist die ZEIT, mit der ich wirklich länger beschäftigt gewesen war, eine sehr angenehme Lektüre, ist aber in einem Flugzeug mit engen Sitzplätzen eine echte Herausforderung. Daneben gab es dann noch zwei Magazine, die ich mir nie kaufen würde, zum Mitnehmen. Ich war also gut beschäftigt im Flugzeug.
Das Essen war für Flugzeug-Essen wirklich gut, die Service-Kräfte durch die Bank freundlich. Das hat man ja auch schon anders erlebt. Irgendwann, nachdem das Essen serviert und man uns mit dem Ausfüllen der verschiedenen Formular vertraut gemacht hat, kam dann der Film, den ich mir nicht ansehen wollte. Ich habe Musik gehört, versucht das unhandliche Wochenmagazin zu lesen und auf die Eisklumpen im Meer geschaut. Bis mich Susann aufschreckte, weil sie laut auflachte. Eine Supergelegenheit, die Aufmerksamkeit der anderen Gäste auf sich zu ziehen.
Wir landeten mit fast einer Stunde Verspätung in Boston, eine Verspätung, die sich aus dem verspäteten Abflug in Frankfurt ergab. Das Wetter war bedeckt, unsere Laune sollte sich aber erheblich aufhellen. Die Einreiseformalitäten in Boston mögen genauso streng sein wie auf anderen Flughäfen in den USA. Aber zum einen sind die Schlangen vor den Einreiseschaltern erstaunlich kurz und es ging zügig voran (»Linker Finger, rechter Finger, Foto!«) und der Zoll ging auch gnädig mit uns um, in dem er nur unsere Formulare entgegennahm. In Atlanta vor zwei Jahren sind wir, bevor wir zum Zoll kamen, noch mal extra gefilzt worden. Warum auch immer.
In Null-Komma-Nix waren wir draußen und begaben uns zum Geldautomaten, die – immer noch Wunder, Wunder, Wunder – Geld mit Hilfe der EC-Karte ausspucken, aber vom Menüaufbau doch etwas gewöhnungsbedürftig sind, fuhren dann mit dem Bus zur Mietwagen-Station und hatten gleich das erste Mal Grund uns wirklich zu ärgern. Was man uns im Reisebüro nicht gesagt hatte, dickes Faul!, dass man ordentliche Gebühren bezahlen muss, wenn man den Wagen nicht an der gleichen Station abgibt, an dem man ihn abgeholt hat. Da wir das Spässchen ja zweimal treiben, gehen dabei nochmal vierhundert Dollar drauf. Ein Batzen Geld.
Der Wagen, den wir haben, ist ein PT Cruiser. Ein netter, nicht allzugroßer Wagen, der den Flair der dreißiger Jahre ausstrahlt. Wir lieben ihn. Es folgt sich noch ein Foto von ihm.
Das Hotel – Homestead Studio Suites – liegt dreißig Kilometer vom Stadtzentrum Boston entfernt. Die Preise waren sehr moderat, wir wissen jetzt auch warum. Nicht, dass man etwas gegen die Zimmer sagen könnte: Die sind groß, haben ein großes Bad, ein gutes Bett und sogar eine Küche mit Mikrowelle, Herd, Ofen und Kühlschrank. Der Preis ist wohl auch deshalb günstiger, weil es zum einen direkt zwischen zwei Schnellstraßen liegt (»Gut, dass sich der Kühlschrank wieder beruhigt hat, jetzt können wir endlich wieder den Verkehr hören.« Ach ja, die Fenster sind nicht auf dem letzten Stand der Lärmisolierung. Was auch ein wenig über den Kühlschrank aussagt.) und zum anderen mit der Reinigung der Zimmer. Die sind sauber, wenn man das Zimmer empfängt. Danach ist man dann selber dran. Was natürlich etwas überraschend ist, wenn man wie meine liebe Frau, erst mal alle benutzen Handtücher (also wenn es geht, alle) nach erfolgtem Badbesuch auf den Boden schmeißt und beim Heimkommen merkt, dass sie nicht ausgetauscht worden sind.
Das Wetter in Boston möchte ich lieber nur streifen. Der gestrige Tag bestand nur aus Regen. Es regnete mal weniger, aber es war nie so, dass es nicht regnete. Wir hatten den Tipp bekommen von hier aus zur T-Station (U-Bahn und S-Bahn in einem) Wonderland zu fahren und von dort in die Stadt zu fahren. Das Parken kostete dort 3 Dollar den Tag (ist was anderes als die 42 Dollar, die man für 5 Stunden in Bostoner Parkhäusern bezahlt) und fuhr dann mit der Bahn in die Stadt hinein (von Wonderland aus waren das maximal zwanzig Minuten).
Susann hatte den ausgeprägten Wunsch, das Aquarium zu besuchen. Zusammen mit ganz vielen Schulklassen begutachteten wir die verschiedenen Fische aus den verschiedensten Meeren. War wirklich schön und die Aquarien waren liebevoll angelegt. Manchmal konnte man Knöpfe drücken und in den Aquarien und mit den Fischen tat sich das. Ich hoffe mal schwer, den Fischen war es egal. Das Panorama-Becken über mehrere Etagen war eines der Beeindruckensten, die ich bisher gesehen habe und dank meiner Susann, habe ich so manches Aquarium gesehen. Ich bin also schon ein Experte, was Aquarien angeht. Jetzt bin ich auch ein Experte über die Verdauungs-Angelegenheiten von Pinguinen. Verschiedene Herrschaften waren dabei und hatten die Felsen der Pinguine mit einer Seifenlauge gereinigt. Was machten die Pinguine? Sie landeten an, was ja immer putzig aussieht, und verrichteten als erstes wieder ihr Geschäft auf den Felsen, die noch nicht komplett gereinigt worden waren. Über die Art des Stuhlgangs, und ob er wirklich gesund war, möchte ich nicht weiter spekulieren.
Als wir aus dem Aquarium raus kamen, regnete es. Uns wurde eine Tour durch die Stadt angeboten und wir namen an. Für sage und schreibe 29 Dollar pro Nase sollten wir Boston kennen lernen, versprach uns der Sales Manager von Discover Boston und meinte, der Bus würde demnächst fahren. Das bekamen wir immer mal wieder zu hören. Jedesmal, wenn er uns sah, sagte er was von: »Nur noch fünf Minuten.« Das streckte sich über eine Stunde und wir waren schon ziemlich stinkig. Als der Bus dann endlich kam, gab es die nächste Überraschung. Ich weiß nicht, ob man anderswo (und hiermit meine ich nicht zwingend Deutschland, sondern den Rest der Welt) die Gefährte so fahren lassen würde. Die Sitze waren zerschnitten oder überhaupt nicht vorhanden. Ich hätte gedacht, so etwas versucht man so schnell wie möglich zu reparieren. Nun ja, die Fünf-Minuten-Tourer machten so etwas nicht, sie waren mit ihren Aussagen ja auch ziemlich flexibel, wie uns die beiden Sales-Manager bewiesen haben. (Ich überlege gerade, wie es wäre, wenn man in Deutschland einen Franzosen mit den Worten begrüßen würde: »Ein Franzose. Baguette, Vin, Fois Gras!« Wir wurden auf alle Fälle mit den Worten: »Schnitzel, Sauerbraten, Autobahn.« begrüßt. Vielleicht merkt man, dass ich unseren Sales Manager nicht wirklich mochte. Aber ich will natürlich nicht verhehlen: Der Mann hat einen Scheiß-Job! Im Regen rumstehen und Touristen dazu bringen, mit seiner Linie zu fahren. Immer nett und freundlich zu sein. Nee, er ist nicht zu beneiden.)
Es regnete etwas rein, aber wir hatten uns entschlossen, als denn endlich der Wagen gekommen war, die komplette Tour zu machen. Der Fahrer, Bill hieß er, glaube ich, machte seine Sache sehr gut. Er musste gleichzeitig fahren und erzählen, was ich bei dem Verkehr in der Innenstadt von Boston absolut faszinierend fand. Schließlich hatten wir keine Ahnung, wann wir diesen Bus wiedersehen würden, wenn wir aussteigen würden.
[So, Frühstück gibt es nur von Montag bis Freitag im Hotel, deshalb ist jetzt erst einmal Schluss und es geht später weiter. Susann hatte noch keinen Kaffee und das ist nun wahrlich kein Zustand. Sie fällt gleich um!]