Gestern lernte ich das wahre Nightlife von Cape Town kennen. Mit meinem Kurzzeitgedächtnis kann ich nur sagen, dass es eine Bar gibt, die sich glaube ich Cubana nennt (wenn sie nicht so heißt, dann Havanna). Sie hat einen gewissen Ruf, dass sie die Brasilianer in unserer Schule völlig fertig zu machen kann. Die Musik und die Cocktails.
Donnerstag war beispielsweise so ein Tag gewesen: Wir kamen morgens in die Schule und es war schon nach neun Uhr als ein uns bis dato unbekannter Lehrer die Klasse betrat. Er hieße Etienne und würde uns heute unterrichten, da Aaliya krank wäre und seine Klasse, wohl größtenteils aus Brasilianern bestehend, nicht aufgetaucht war. Unsere Brasilianerin, Klassenbeste, war natürlich da, unser Brasilianer, Renato, allerdings nicht.
Die Brasilianer hatten so heftig gefeiert, dass sie am nächsten Tag nicht in der Lage waren, zur Schule zu kommen. Renato kam erst eine ganze Weile später. So ist das halt.
Diese Bar lernte ich also gestern kennen, da mein Nachmittags-Unterricht in dieses Etablissement verlegt worden ist. Da ich schon bei unserem Vormittags-Ausflug (nach dem Test, über den ich keine weiteren Worte verlieren möchte) schon gegessen hatte, wollte ich nichts mehr essen. Ich kann aber nur sagen, die Portionen waren riesig. Wer dort eine Vorspeise nimmt, muss einen Mörderhunger haben oder größenwahnsinnig sein.
Abends klopfte es an meiner Tür und es wurde mir die Frage gestellt, ob ich noch Lust hätte auf ein Bierchen in die Stadt zu gehen. Da war es neun Uhr. Warum nicht, ich wollte mich nur noch kurz frisch machen. Nein, es bestände keine Eile, schließlich würde man erst in einer Stunde losmarschieren. Fein. Da konnte ich noch eine Stunde lang lesen und dann ging es los.
Mein Schlüssel steckte in der Haustür, da kam noch die Frage auf, ob wir ein Bierchen trinken wollten, so auf dem Weg. Warum nicht? Also wurden aus dem Kühlschrank drei Dosen geholt, und die wurden verteilt. Ich habe keine hohe Meinung von Dosenbier, ich habe auch keine hohe Meinung von südafrikanischem Bier – südafrikanisches Bier (oder in diesem Fall noch welches aus Namibia) aus der Dose ist auf alle Fälle ein Fall von Kulturbolschewismus. Aber als Anheizer war es sicher nicht schlecht, der Abend war schließlich nicht so war.
Ich habe mich beinahe fürchterlich verschluckt, als mir eröffnet wurde, dass es in Südafrika verboten ist, auf der Straße Alkohol (wozu denn auch Bier gehört) zu konsumieren. Hola! Wenn man unfreundliche Polizisten gerät, könnte man sogar recht unerfreundliche Stunden auf einer Polizeistation erleben. Ich verstand, warum die Dosen relativ defensiv an den Kreuzungen gehalten wurden. Man muss im Leben auch mal was riskieren hieß es. Ich trank das Bier so schnell wie möglich und riskierte damit, schneller betrunken zu werden.
»Wollen wir den Minibus nehmen?« war die nächste Frage. Wenn man eine Lektion mit auf den Weg bekommt: Niemals den Minibus in der Nacht bekommen. Aber egal, wir waren ja drei, recht kräftige Herren (ich von der Statur, die anderen durch das Fitness-Studio), also konnte man das ja mal riskieren. War ja auch nicht so weit. Der Minibus war recht passabel, was wir lernten (in dem Bus saßen fast nur Frauen), war, dass es am Abend teurer ist (keine vier Rand mehr, sondern fünf). Nach Mitternacht wird es dann noch mal teurer.
Die Lokalität, die ich zur Mittagsstunde schon besucht hatte, hatte sich in der Nacht völlig verändert. Es war voll, es war laut und das Einzige, was mir vertraut war, war die Bedienung, die kannte ich nämlich schon von der Mittagsstunde und sie hatte mein vollstes Bedauern ob ihrer Arbeitszeiten. Die Cocktails waren extrem günstig, natürlich immer nur, wenn man es mit deutschen Verhältnissen vergleicht. Das Bier schmeckte genauso mies, wie das aus der Dose. (Ich werde das Biertrinken für den Rest meines Aufenthaltes hier vermeiden. Allerdings bin ich mir recht sicher, dass es mir nicht gelingen wird…) Nicht ganz so überraschend war, dass sich ein Großteil der Schülerschaft von Cape Studies schon im Club befand oder sich später einfand.
Allzu lang hielten wir es dort nicht aus, deshalb ging es dann weiter zum Opium, auf der anderen Straßenseite. Nicht, dass ich es vorher gekannt hätte. Aber wann bekommt man das in meinem Alter und vor allem, das ist wohl der wichtigste Punkt, mit meinem normalen Freizeitverhalten sowas zu sehen. Tanzen auf mehreren Floors. Wow!, das Worte hatte ich früher schon vernommen, aber selber sowas zu sehen. Da tut sich so einem alten Sack wie mir eine völlig neue Welt auf. Die Lokalität kostete erst einmal 50 Rand Eintritt und da war kein Gratisgetränk mit dabei. Die Musik in dem einen Raum war o.k., dort konnte man das leidlich gute Bier nippen und sich sanft im Beat der Musik wiegen. Männer tanzen ja nicht.
Wann wir genau den Abflug dort gemacht haben, weiß ich nicht, denn im Gegensatz zu den meisten Menschen habe ich ja keine Uhr und habe auch nicht ständig ein Mobiltelefon bei mir (interessanterweise habe ich viele Leute in der Disco telefonieren sehen, was ich für ein Abenteuer der neuen Zeit halte; ich habe ja so meine Gesprächspartner kaum verstanden); Fakt ist aber, wir waren nicht ganz vollständig. Zuhause angekommen, wollten wir noch ein Bier im Zimmer meines Zimmernachbarn trinken, der einen herrlichen Balkon hat, von dem aus man über Cape Town und die Bay schauen kann. Nice! Und da saßen wir dann, bis die Uhr ziemlich genau vier Uhr schlug, und dann musste ich aber ab in die Heia, denn schließlich war für halb acht Uhr schon das Aufstehen angesagt, welches notwendig war, wenn man an der Wine Tour teilnehmen wollte, deren Fahrer ich pünktlich erwartete.
Dazu gibt es aber erst morgen mehr zu lesen…