»Was ist denn das für ein moderner Krams?«, so fragt man häufiger in die Runde, wenn man eine Änderung skeptisch beäugt. Lynley geht es ähnlich in dem neuen Roman von Elizabeth George. In seine Gruppe wird ein Profiler gesteckt und der wartet mit einem Sack von Erkenntnissen über den Täter auf. Der Ermittler von Scotland Yard ist skeptisch. In anderen Gegenden, auch literarischen, ist man schon weiter. Zum Beispiel beim Poeten.
Das Buch ist sicher total spannend. Unter einer Voraussetzung: Man hat den zweiten Teil nicht vor dem ersten gelesen. So ging es mir. Ich sah in einer Buchhandlung das Buch von Connelly und dachte so bei mir, hey, das ist ja toll, das nehme ich mal mit. Während des Lesens bemerkte ich, dass es sich in der Tat um die Rückkehr eines Täters handelte. Heißt: Beim Lesen des ersten Buches wusste ich die ganze Zeit, wer es ist. Man kann sagen, dass dies ein ziemliches Manko ist. So blieb nur das Interesse darüber, wie man dem Täter auf die Spur zu kommen gedachte.
Ausgelöst wurde der Fall durch den Polizeireporter Jack McEvoy. Der wurde mit dem Tod seines Bruders, eines Polizisten, konfrontiert. Ihm wollte nicht in den Kopf, dass sein Bruder Selbstmord begangen haben soll. Aber der Polizei erschien der Fall wasserdicht. Es ging ihm weniger um die Ehre seines Bruders, sondern er sah sich in der Schuld bei seinem Bruder, und so fing Jack an, zu ermitteln und stieß schon bald auf die ersten Spuren, die einen Selbstmord unwahrscheinlicher aussehen lassen.
Jack war besonders irritiert über den Abschiedsbrief seines Bruders, einem Zitat von Edgar Allan Poe. Bei seinen Ermittlungen fand der Reporter heraus, dass sein Bruder nicht das erste Opfer in den USA war, welches sich umbrachte und seine letzten Gedanken in Poe-Zitaten hinterließ. Eines hatten alle gemeinsam: Sie waren Polizisten gewesen und sie hatten sich mit vermissten oder ermordeten Kindern beschäftigt. So wie Jacks Bruder.
Alsbald stand Jack zwischen den Fronten: Auf der einen Seite seine Zeitung, die eine große Story witterte, auf der anderen Seite das F.B.I., welches großes Interesse an ihn hatte und sei es nur deshalb, weil die Polizisten an seine Informationen heran wollten und vermeiden wollten, dass er seine Story zu früh veröffentlichte. Dafür lässt sich das F.B.I. sogar darauf ein, ihn als Beobachter in das Ermittlungsteam aufzunehmen.
Hätte sich Jack McEvoy auch darauf eingelassen, wenn er gewusst hätte, dass er sich damit zur Zielscheibe machte?
Eine faire Wertung ist nicht möglich, da viel Spannung durch das Lesen des zweiten Teils schon drauf gegangen ist. Natürlich ist der Roman geschickt aufgebaut, aber jede Wendung habe ich vorausgesehen – was für ein Wunder?