Irgendwie war es komisch und man durfte sich wundern was passiert ist. Der Ruf ging an die Polizei, die kurze Zeit später vor Ort war. Da war es schon zu spät: in den Räumlichkeiten einer Musikschule fanden die beiden Polizeibeamten eine junge Frau vor, die erdrosselt wurde, oder sollte man besser sagen, sich selbst erdrosselt hatte. Glücklicherweise konnten ihnen der Hauswart sagen, dass sich der Täter, der in dem Augenblick, als die beiden Polizisten in den Raum gekommen waren, in einen großen Hörsaal geflüchtet war. Die gute Nachricht war, dass es da kein heraus geben würde. So ließen sich die beiden Beamten ein wenig Zeit, sich komplett abzusichern und machten sich dann daran, den Raum zu stürmen. Da puffte es nur, und der Mann, der in dem Saal hätte sein müssen, war verschwunden.
Zwei Stunden später: ein junger Mann macht sich auf den Weg zur Arbeit. In einer kleinen Gasse miaute es. Der Mann, tierlieb und besorgt, schaut sich um und glaubt eine Katze zu sehen, die verletzt ist. Kurz bevor er ganz nah an der Katze ist, merkt er, dass es sich um eine Attrappe handelt und geht von einer Falle aus. Daraufhin rennt er um sein Leben. Er schaffte es sogar bis in seine Wohnung und kann sogar einen Ruf zur Polizei absetzen. Dumm nur, dass ein Mann in seiner Wohnung stand, ihn anlächelte, das Kabel des Telefons aus der Wand riss und ihn anlächelte. Kurze Zeit später war auch der Mann kurz. Da half es auch nicht, dass die Polizei den Anruf zurückverfolgen konnte. Das zweite Mal an diesem Tag sahen die Beamten der New Yorker Polizei einen Toten. Diesmal war es ein Gemetzel.
Dies war der Augenblick, wo man sich entschloss, einen Ermittlungsexperten hinzuzuziehen, der die abwegigsten Spuren auswerten konnte. *tusch* Auftritt Lincoln Rhyme und seiner Gefährtin Amelia Sachs. Es finden sich Requisiten an den Tatorten, die darauf schließen lassen, dass es sich bei dem Mörder um einen Vertreter eines seltenen Berufes handeln würde: einen Magier. Wenn man sich jetzt denkt, dass dies ein überschaubares Terrain ist, dann täuscht man sich. Innerhalb kürzester Zeit lernen Rhyme und Sachs, dass es die verschiedensten Magier gibt. Illusionskünstler, Entfesselungskünstler und und und. Auf diese Tatsache werden sie von einem jungen Mädchen hingewiesen, welches in einem Zauberladen arbeitet und gerade dabei ist, sich zu einem Zauberkünstler ausbilden zu lassen. Kara hat aber nicht nur gute Nachrichten. Sie erkennt bald, dass es sich bei dem Täter um einen voll ausgebildeten Magier handelt, der die ganzen Techniken beherrscht.
Wenn man jetzt glaubt, dass sich ein Muster herauskristallisieren würde, der wird nicht enttäuscht, sondern einfach nur getäuscht. Denn natürlich könnte man annehmen, dass sich das nächste Verbrechen um vier Uhr nachmittags ereignen würde, nachdem der erste Mord morgens um acht stattfand und der zweite um zwölf Uhr mittags. Aber die Ermittler haben ihre Lektion gelernt und wissen, dass es sich bei dem Mann um einen Täuschungskünstler handelt. Sie machen sich auf die Suche und gehen davon aus, dass die nächste Aktion weit vor der Zeit stattfinden kann.
Wer ist es und warum tut er es? Die Frage steht fast im Hintergrund, mag man meinen. Denn hilft sie wirklich weiter, zu erkennen, warum er es tut? Steht nicht immer die Frage nach dem Motiv im Vordergrund? Aber bei Jeffery Deaver» kann man dies nicht beiseite lassen. Selbst wenn man das Gefühl hat, es wäre für den Fall nicht immens wichtig, sondern nur eine Nebensache. Konzentriert man sich nicht darauf, wird man sehr schnell auf das Glatteis geführt. Damit will ich nicht behaupten, dass es Deaver nicht auch dieses Mal gelungen ist, die Spannung so hochzutreiben und mich wieder in diverse Fällchen zu treiben. Der einzige Trost ist, dass es eigentlich nur Lincoln Rhyme ist, der einigermaßen den Überblick behält, was gerade passiert.
Aber das mag auch daran liegen, dass er den ganzen Tag die Tafel vor den Augen hat, auf denen die Ermittlungsergebnisse stehen, während der Leser sie nur alle paar Kapitel zu Gesicht bekommt. Eine andere Erklärung mag sein, dass Rhyme sehr abgeschottet arbeitet und dass ihn kaum Einflüsse von außen erreichen. Alles wird gefiltert und er kann es filtern. Die Außenstehenden stehen ebenso mitten im Leben wie die Leser, bekommen jedes Detail mit, und da sich diese Details in einem komplexen Umfeld befinden, fällt es ihnen häufig gar nicht auf.
Wie in fast jedem Fall, den Deaver beschreibt, kommen auch in diesem Fall noch zusätzliche Komponenten hinzu. Hier ist es eine Gruppe von Hinterwäldlern, die plant, ihren großen Chef zu befreien, der vor Gericht steht. Anfangs bekommt man nur mit, dass sie etwas planen: was es ist, keine Ahnung. Wie es passiert, darüber gibt es nur Andeutungen. Was Lincoln Rhyme damit zu tun hat: ja, das muss man selbst herausbekommen.
Es ist verdammt schwer, eine Gewichtung vorzunehmen, welcher Roman von Deaver mir bisher am Besten gefallen hat. Mein Favorit, dass kann ich wohl sagen, liegt aber auch an meiner eigenen Profession ist nach wie vor »Lautloses Duell«; aber danach dürfte diese Geschichte kommen. Mir haben die ganzen Wandlungen in der Handlung sehr gut gefallen. Einmal mehr hat Deaver seine Meisterschaft bewiesen. Mir fällt kein Autor ein, der ihm in diesem Genre das Wasser reichen könnte. Wobei allerdings anzumerken ist, dass mir die ganze Krimi- und Thrillerlandschaft sehr zersplittert erscheint, dass dieses Lob natürlich nur ein halbes ist. Was den interessierten Leser nicht abhalten soll, sich dieses Buch zu greifen.