Vorgestern Abend nach dem Essen ging es in Richtung Zelte. Aus einer Laune heraus meinte ich, dass Simon der Nachtwächter, den es wirklich gibt, die Leute, denen er nachts begegnet, eine Parole abverlangen würde. Inspiriert war ich in dem Augenblick den Klinger aus M*A*S*H. Die Parole würde für die Nacht »Basement« lauten. Während die Beste aller Ehefrauen das als Quatsch bezeichnete, schien ein Teil der Gruppe dies jedoch zu glauben.

Gestern hingen wir nach einem leckeren Dinner, um es nicht überragend und würdig für unser Bergfest zu nennen, noch an der Bar herum und unterhielten uns über dieses und jenes. Um neun Uhr zog es uns in Richtung Zelt. Ich ging noch kurz nach hinten, zu unserem Barkeeper/Aufpasser und verabschiedete mich von ihm. Auf den Weg zu den Zelten fragte Greta:

»Wie lautet die Parole?«
Da mir nichts besseres einfiel antwortete ich:
»Bekanntschaft?«
»Auf Deutsch?“
»Ja.«
»Ist ja cool.«

Ich will nichts sagen, aber im Zelt angekommen, mussten wir erst einmal eine Runde lachen. Wie heißt es in solchen Fällen treffend: »Bazinga!«

Die gleiche Frau, die uns morgens das Frühstück brachte, brachte uns auch das Essen zum Lunch und abends das Dinner. Damit war sie mindestens dreizehn Stunden im Camp, was ich schon recht beachtlich finde. Hoffentlich hat sie nicht so einen langen Weg nach Hause, denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie sich nachdem die Küche gemacht ist, ins Auto setzt und mal kurz nach Hause fährt. Oder so zwischendurch. Wir hatten sie heute morgen aber gefragt, wie ihre Arbeitszeiten wären und sie sagte, jeden Tag in der Woche, so wie wir es gesehen hätten, mit Ausnahme von Ferien.

Vermutlich geht es an Tagen, an denen keine Gäste im Camp sind, auch mal früher nach Hause. Das wäre dann zum Beispiel heute gewesen, da wir abreisten und die neuen Gäste in der Lodge erst morgen eintreffen.

Der Barkeeper ist auch so eine Type. Mal steht er an der Bar und serviert uns die Drinks, mal serviert er Essen und wahrscheinlich hat er hundert andere Aufgaben noch oben drauf. Erwiesenermaßen gehört das Füttern der Katzen des Besitzers, die seit gestern durch das Camp streuen, mit zu seinem Aufgabenbereich. Er sprach mit einer von ihnen und sie folgten ihm wie ein Hund. Das Geheimnis war Katzenfutter, wie bei jeder gesunden Katze das gehorsamssteigernde Mittel Futter ist. Danach waren wieder alle Luft für sie, sie lag auf der Bar und leckte mit einigem Genuss ihre Geschlechtsteile.

Der Barkeeper fing gestern Abend an zu erzählen, wie das so ist mit den Tonga (den Menschen, die hier am Meer leben), den Zulu und den Leuten aus Swasiland. Eigentlich will sein Volk nur seine Ruhe haben, in Frieden Leben und Fisch fangen. Die Zulus, die zahlenmäßig auch viel mehr sind, und die Swazi-People wären Unruhegeister, seien auf Kampf und Krieg aus. Ich hatte mal gefragt, wie viele seinem Volk angehören, das konnte er uns nicht sagen. Aber es wären nicht so viele.

Da es mich so beeindruckte, hatte ich über die bananenstücktransportierenden Ameisen berichtet. Als Iris und Rüdiger vorgestern zurück in ihrem Zelt waren, trafen sie Eindringlinge an, die sie als Schaben identifizierten, und mit denen sie nicht zusammen nächtigen wollten. Ihre Lösung war rabiat und final für die Schaben. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, wurden zwei der Gesellen entsorgt, eine dritte wurde aber später von Iris in Großwildjäger-Manier erlegt und aufgrund der fortgeschrittenen Stunde an Ort und Stelle belassen. Nach dem Aufstehen am nächsten Morgen stellten die Beiden fest, dass die Schabe verschwunden war. Einfach weg. Beim Verlassen des Zeltes jedoch, eine geraume Zeit später, sahen sie einen Trupp von Ameisen, der den Kadaver aus ihrem Zelt über die Terrasse hinweg transportierte. Wenn das mal kein Service ist.

Apropos Service: Wir bekamen heute morgen noch ein Lunchpaket mit auf den Weg. Das fand ich eine nette Geste, denn zum normalen Umfang des Service gehörte das nicht. Zumindest hat das bisher keine Lodge gemacht. Also auch bei dieser Unterkunft können wir nur wieder Komplimente verteilen.

Wir starteten kurz vor neun Uhr von der Lodge in Richtung Swasiland. Unser Navi schlug uns durch die Bank der interessante Varianten am Anfang vor. Direkt hinter der Lodge sollten wir in Richtung Mosambique abbiegen. Wir probierten es nicht aus. Auf der Hauptstraße meinte es, wie sollen in 9,8 Kilometern abbiegen. Ich meinte zu Henrick, das wäre ja wieder in Richtung Kosi Bay Lodge und wir würden das Personal dort sicher sehr überraschen, wenn wir drei Tage hintereinander dort auftauchen würden. Die Freude wäre sicher groß und wir könnten sie auch noch verwirren, wenn wir fragen, ob es denn hier nach Swasiland ginge. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Abfahrt eine ganz andere war, die aber unserer Meinung kompletter Unsinn war und ins Nirgendwo führen würde.

In Manguzi versorgten wir uns mit dem obligatorischen Wasser. Das Personal war ein wenig gefordert, als wir Sonnencreme suchten. Häufig nachgefragt, wird es wohl nicht. Sie hatten es auch nicht da und fündig wurden wir erst in einem zweiten Supermarkt. In der Stadt, die an die 7.000 Einwohner hat, geht es sehr geschäftig zu. Zu den vielen Geschäften gesellen sich diverse Marktstände, an denen die verschiedensten Sachen verkauft werden. Beim Tanken ging es zu, wie zu der Zeit, als die Benzinpreise bei uns das erste Mal nach oben schnellten und die Leute da tankten, wo es zwei Cent günstiger war. Da meinte ich eine gute Schlange erwischt zu haben, da stellte sich heraus, dass nicht nur der Wagen betankt werden sollte, sondern auch noch fünf große Kanister. Die Operation wird immer vom Tankwart durchgeführt. Ich sprach ihn darauf an, dass es ja ordentlich voll wäre und er meinte, dass das den ganzen Tag so ginge. Manguzi hätte nur zwei Tankstellen und sie hätten viel Arbeit und er wäre abends immer müde.

Die Strecke zog sich. Abwechslung bot sich nur durch Varianten von Schlaglöchern, die aber eigentlich eher plötzlich und unverhofft auftauchten, durch Kühe an und auf der Straße und später durch Kinder.

Der Reihe nach: Wir fuhren einen großen Teil auf der Route 22. Die Straße war ziemlich in Ordnung und Schlaglöcher gab es eigentlich immer nur dann, wenn wir uns gegenseitig erzählten, wie gut die Straße sei. Wir nahmen das dann mit Bedauern zurück, danach war die Straße auch wieder bestens. Kühe waren ein ganz eigenes Thema: Sie grasen am Straßenrand und das meistens ohne jedwede Aufsicht. Ich weiß nicht, ob man einfach so eine Kuh mitnehmen kann. Vermutlich würde das doch Aufmerksamkeit erregen. Kühen sagt man einiges nach, Umsicht im Straßenverkehr gehört aber nicht zu ihren Kerntugenden. Deshalb steht sie manchmal ganz, machmal auch nur mit einem Teil ihres Körpers auf der Straße und ist einfach nur Kuh. Hin und wieder kommt es ihr in den Sinn, die Straßenseite zu wechseln. Als. Autofahrer sollte man den Straßenrand im Auge behalten und bei Kühen skeptisch sein, die mit erhobenen Kopf herum trotten. So lange sie den Kopf unten haben und mit Gras beschäftigt sind, ist ihr Gefahrenpotential gering.

Die Einfahrt nach Swasiland verlief ohne Probleme. Bei der Ausreise hatten wir eine kleine Reisegruppe vor uns, weshalb es eine wenig zäh verlief. Nach uns liefen aber zwei Busse ein, von daher können wir von Glück sprechen, dass wir die vorher überholt hatten. Noch zügiger ging es – ganz überraschenderweise – bei der Einreise. Da wurden wir gefragt, wo wir denn nächtigen würden – eine Frage, die die Mitglieder des Wagens 1 falsch beantworteten, da ich unserer ursprünglichen Swasiland-Lodge noch verhaftet war, aber eigentlich ist es wohl völlig egal. Geprüft wird es bei der Einreise nicht. Dann hat man noch eine Gebühr für die Straßennutzung zu bezahlen und da hoffen wir mal, dass sie unseren kleinen Obolus von 50 Rand gut anlegen.

Damit wären wir dann bei der dritten Abwechslung, den Kindern. Die waren zahlreich am Straßenrand vertreten. Während die Autos mit 100 km/h an ihnen vorbeirauschen, haben sie diszipliniert am Straßenrand zu gehen. Es mag noch andere Widrigkeiten in ihrem Leben geben, aber wenn sie an einer Straße zur Schule zu gehen haben, dürfte das die Gefahr Nummer 1 sein.

Schon die südafrikanischen Fahrer warten mit Qualitäten aus, die bei uns zu einem sofortigen Führerscheinentzug führen würden. Aber die Nachbarn aus Swasiland sind manchmal noch wenig schärfer unterwegs: An sogenannten Zebrastreifen wird nicht einmal gehalten, wenn ein Wagen auf der entgegengesetzten Richtung schon steht, um beispielsweise Kinder herüberzulassen. Vor Schulen, an denen es schon störende Huckel zur Geschwindigkeitsbegrenzung gibt, wird noch überholt – natürlich mit einem Affenzahn. Ohne zu Blinken biegen Fahrer aus der entgegengesetzten Richtung vor einem schräg über die Straße ab.

Wie für Südafrika gilt auch für Swasiland: So ganz klar ist die Verkehrsbeschilderung nicht, gerade was Geschwindigkeitsbegrenzungen angeht. Da wird ein »60«-Schild aufgestellt und nie aufgehoben. Irgendwann kommt dann ein »80«-Schild, was eigentlich die Einleitung des Herunterbremsens darstellen soll, gefolgt von einem »60«-Schild und man fragt sich, ab wann hätte man denn schneller fahren dürfen. Nicht, dass wir wirklich die ganze Zeit 60 km/h gefahren wären – da käme man ja nie an, aber es ist halt nicht ganz so klar beschildert oder geregelt, wie man es aus dem Heimatdorf kennt.

Um vier Uhr nachmittags waren wir in unserem Hotel in Swasiland. Der Rezeptionist in unserem Hotel heißt »Welcome«. Ich dachte erst, er macht Scherze, aber er heißt wohl wirklich so. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob die Eltern einen sehr merkwürdigen Humor haben oder ob es in Swasiland vielleicht möglich oder nötig ist, als Rezeptionist in einem Hotel, so etwas als Künstlernamen zu tragen. Hilfreich und nett war er in jedem Fall.

Die Zimmer und insbesondere die Bäder in dem Hotel sind sehr schön. Ich werde die Badewanne zwar auch dieses Mal nicht nutzen können, aber auch die Dusche macht einen großartigen Eindruck. Hinter dem Hotel befindet sich ein Garten, der wunderschön angelegt ist. Wenn man bereit ist ein wenig zu klettern, befindet man letztlich an einem kleinen Bach. Ein Brückchen führt über diesen und man kann dahinter wahrscheinlich auch weitergehen. Gerade als ich ihn überqueren wollte, zappelte es über mir im Baum und ich war abgelenkt. Affen waren unterwegs und ich war dann erst einmal mit diesen beschäftigt, vergaß den Bach und die Brücke ins Unbekannte.

Zwei Stunden sollten es noch bis zur Dämmerung sein. Mit großartigen Aktivitäten konnte man da nicht mehr aufwarten. Henrik schlug den Besuch einen hiesigen Wasserfalls vor. Welcome sagte uns, dass er ganz in der Nähe wäre und beschrieb uns den Weg. Das Personal ließ uns noch herein, war aber ein wenig verwirrt, um welche Zeit wir da noch hereinwollen. Den Mantenga-Wasserfall kann man aber gut mit dem Auto erreichen. Es gibt einen Parkplatz in der Nähe und von dort kommt man gut zu dem Platz, von dem man aus ihn sehen kann. Es wäre schön, wenn man noch näher herankommen könnte. Aber das war leider nicht möglich. War auch so schön – unser erster Wasserfall in diesem Urlaub.

Das Abendessen absolvierten wir dann in einem chinesischen Restaurant. Es war das erste Mal, dass ich in einem chinesischen Restaurant gegessen habe und keinen, aber überhaupt gar keinen Chinesen (oder Vietnamesen) im Personal entdecken konnte. Das Essen war gut und lecker, auch wenn einige Gerichte ziemlich lang brauchten und auch noch falsch geliefert wurden.