Mein Mediacenter ist in der Lage, mir zu sagen, was ich schon gehört habe und was noch nicht. Objektiv ist das nicht die Wahrheit, weil es nicht weiß, was ich früher schon mal gehört habe, bevor es das gab (und es gab da mal einen großen Crash, an den ich nicht erinnert werden will, und die Zeit davor hat das Mediacenter auch vergessen) und es weiß natürlich auch nicht, was ich höre, wenn ich meinem Mediacenter mal untreu bin. Aber oft hat es über diese Grenzen hinaus recht. So hörte ich in der letzte Woche einige interessante Alben und entdeckte Titel wieder, die ich mir gleich mal markiert habe.
Pulp – „Separations“
Ich bin ganz begeistert. Das Album läuft jetzt gerade, während ich hier liege und ich denke mir: „Blöd, dass Du es noch nie gehört hast!“ Bisher war noch kein Titel dabei, bei dem ich dachte, was das für ein Durchschnitt ist. Geschweige denn, dass ich etwas Mist hatte und überspringen wollte. Ich weiß nicht, ob ich das mal gekauft habe oder mir von einem Freund gegeben wurde, mit der Aufforderung, es zu hören. Das Album hat schon 25 Jahre auf dem Buckel – da wurde es wohl Zeit, dass ich es auch mal höre.
Gotan Project – „Best of“
Es gibt da die eine Folge von „Chuck“, in der ein absolut cooler Song läuft und ich habe noch nicht herausbekommen, was das für ein Song ist. Nun wollte ich das noch einmal näher evaluieren, weiß aber nicht, in welcher Folge die Szene spielt. Die erste Staffel ist schon „vorbei“ und der Song ist noch nicht aufgetaucht. Dafür tauchte auf meinem Radar ein ganz anderer Song auf – „Santa María (Del Bueb Are)“. Mir sagte nun weder der Titel was noch die Musik von Gotan Project. Der Name ja, aber dass ich gewusst hätte, was die Herrschaften so an Musik machen. Nun hörte ich den Song in der Serie und dachte nur: „Cool, das muss ich mir mal anhören.“ Also bei emusic nachgeschaut, ob sie da vertreten sind (was nicht die Regel ist), aber die waren da und so konnte ich das Guthaben etwas schrumpfen. Wie das vorher erwähnte Album von Pulp haben das Album bei mir eine 7/10 bekommen. Was wirklich sehr gut ist. Wenn mir jemand vor ein paar Jahren gesagt hätte, dass ich Tango mögen würde, dann hätte ich ihn ausgelacht. Aber es gab schon einige Scores, in denen Tango oder Tango-ähnliches gespielt wurde, und dafür konnte ich mich auch schon erwärmen. Vielleicht wird das der Beginn einer langen Freundschaft. (Es ist natürlich völlig ausgeschlossen, dass die beginnende Liebe nur an dem Cover des Best-of-Albums liegt.)
Trio – „Da, da, da“
Von dem Trio ist nur noch einer über. Soweit die traurige Nachricht. Und den Titel „Da, da, da“ fand ich eigentlich doof. Kann gar nicht genau sagen, warum. Vielleicht weil der Text so hoffnungslos blöde ist. Nun sind aber schon dreißig Jahre ins Land gegangen und vermutlich, weil ich viel blödere Texte in der Zeit präsentiert bekommen habe, bin ich gnädig gestimmt und habe den Titel in die allgemeine Playlist aufgenommen.
San Glaser -„Never in Vain“
Mir ist die Erinnerung abhanden gekommen, wie und warum die Dame in der Save-List meines emusic-Accounts gekommen ist. Irgendwo muss ich etwas von ihr gehört oder gelesen haben. Letzte Woche habe ich mir dann ihr Album „Never in Vain“ gekauft und angehört. Ich mag die Songs, ich mag die Stimme und selbst die Interpretation von „Theme From Mahogany“ konnte mich nicht vergrätzen, obwohl ich Diana Ross für eine Ikone halte. (Ich habe mich gerade frisch in das Lied „I hear a symphony“ verliebt, welches immerhin auch fünfzig Jahre alt ist.) Wenn ich Musik höre, kommt es hin und wieder vor, dass ich mich frage, was denn das für ein Künstler ist, was er noch so gemacht hat und ob er noch lebt. Bei San Glaser war die letzte Frage obsolet, aber der Rest interessierte mich schon.
Hilfreich ist, dass ich in der App, mit der ich mein Mediencenter (fern)bediene, eine Funktion existiert, mit der ich mal kurz bei Wikipedia nachschlagen kann. Kurze Zeit später bin ich dann erheblich schlauer und habe wahrscheinlich Sekunden später das Meiste schon wieder vergessen, was nicht ganz so schön ist, so dass ich in irgendwelchen Gesprächen nie mit Sentenzen wie „Wusstest Du schon, die … hat … mit … im Jahre…“ glänzen kann. Schlimmer ist es noch mit Witzen. Grad gehört, herzlich gelacht und schon wieder weg.
Aber wie gesagt, interessierte ich mich für die Künstlerin und so las ich den Artikel über die Künstlerin. Dabei stolperte ich, man kann sagen unweigerlich, über den folgenden Satz:
Eine Entwicklung, die Beautiful Stranger lebendig und aufregend klingend lässt.WikipediaZuerst dachte ich nur: „Das steht da nicht, oder?“ Den Satz zuvor gelesen, den Satz danach. Aber auch
San Glaser hat auf ihrem neuen Album, ihr musikalisches Spektrum mutig und gleichermaßen geschmackvoll erweitert.Wikipediahat für mich einen so wenig lexikalischen Touch, dass ich die Phrase schnell an die Suchmaschine meiner Wahl weiterschickte:
Auf der Webseite der Künstlerin ist der Text wohl auch zu finden, denn in der Ankündigung für das anstehende Konzert in Bordesholm wird die Passage auch erwähnt. Es wirkt vielleicht kleinlich, dass ich mich damit aufhalte, aber ich glaube, dass es weder einem Online-Lexikon gerecht wird, wenn man seine Texte mit Marketing-Sprech verhunzt, noch dass es der Künstlerin gerecht wird, wenn einzelne Alben so charakterisiert werden. Ich habe einiges in der Wikipedia über die Jazz-Klassiker gelesen, aber solche Sätze sind mir in den Artikeln noch nicht untergekommen.
Gut, nun werde ich mal wieder auf Musik konzentrieren.
Radiohead – „A Moon Shaped Pool“
Da habe ich vorletzte Woche zum ersten Mal – und natürlich dank meinem Mediencenter – rein zufällig das Vorgänger-Album „The King of Limbs“ gehört. Da dürfte ich nach dessen Erscheinen nur kurz mal reingehört habe, nachdem ich es mir blind gekauft hatte, und dann verschreckt festgestellt haben, dass das ja so gar nicht meines ist. Lang lag es nur auf der Festplatte, bevor das Mediencenter sagte: „Du hast es, höre es!“ und ich hinzufügte „… oder lösche es!“ Ja, in der Tat – ich bin ein Sammler und Jäger, aber wenn ich mittlerweile auf Musik stoße, die ich so gar nicht mag und höre, dann lösche ich mittlerweile. Stolz kann ich verkünden, dass es in der letzten Woche zwei Künstler getroffen hat. Ich werde diese allerdings nicht persönlich benachrichtigen. Radiohead war da nicht drunter, denn ich habe zwar auch jetzt mit den ersten beiden Titeln „Bloom“ und „Morning Mr Magpie“ gefremdelt, aber von „Feral“ an hatte mich entweder „eingehört“ oder sie trafen mehr meinen Geschmack. Mein Fazit zum Vorgänger nach so vielen Jahren: Sie hatte es nicht verdient, so lang im virtuellen Regal zu liegen.
Dann kam die Nachricht und gefühlt brachte es Radiohead von auch eine Eil-Meldung bei SPIEGEL Online ein: Es gibt ein neues Album. Meine Finger zuckten so überhaupt nicht. Der Newsletter von plattetests.de bekam sich kaum noch ein vor Ekstase, da konnte ich mir zumindest mal die Videos dazu ansehen und siehe da, der Appetit kam mit dem Gucken und Hören. Das Video zu „Burn the Bitch“ ist etwas verstörend, aber der Titel sprach mich an und ich gab dem ganzen Album eine Chance. Da sind eine Reihe von Songs drin, die mir sehr gut gefallen haben, wie beispielsweise „Daydreaming“ und „The Numbers“. Für mich ist das neue Album das beste seit „OK Computer“.