Vielleicht würde es jetzt einen draußen schon frösteln. Zumindest ist die Temperatur draußen schon gesunken. In unserem Bungalow selbst steht die ganze Hitze des ganzen Tages und selbst um zehn Uhr abends ist von Abkühlung nichts zu spüren. Die beiden Decken-Ventilatoren arbeiten im Hochbetrieb, aber es kommt nur hin und wieder mal ein kühlerer Luftzug unten an. Morgen früh wird es vielleicht wieder erträglich sein. Bis dahin werde ich eine Flasche Wasser verputzt haben.
Das Schwesterchen reportete, dass es morgen noch wärmer werden würde. Zumindest da, wo wir heute gewesen sind. Da hilft es vielleicht, dass wir morgen Okanjima schon verlassen werden. Da, wo wir hinfahren werden – vor die Tore von Etosha – wird es aber nicht anders sein.
Um 5.15 Uhr klingelte bei uns der Wecker, sicherheitshalber klingelte fünfzehn Minuten später noch das Telefon mit einem Weckruf. Safari! In dem Bungalow zur linken Hand, in dem Steffi nächtigt, blieb es ruhig; in dem Bungalow zur rechten Hand, in dem die Frau Mama mit dem Herrn Papa nächtigt, machte sich der Papa mit dem Weckruf fertig. Als Dreiertrupp wollten wir heute morgen die Geparden besuchen.
Um sechs Uhr gab es ein kleines Frühstück bestehend aus Kaffee/Wasser und Muffins, bevor es eine halbe Stunde später in den Park ging. Unser Führer war wieder Daniel und sein Kumpel, dessen Name mir peinlicherweise schon wieder entfallen ist, und mit im Auto saß die französische Familie, die mit uns schon auf der Leoparden-Tour gewesen war.
Daniel hatte am Vortag eine längere Ansprache gehalten, wie gefährlich Leoparden wären und was wir bitte alles nicht tun sollten, egal für wie niedlich wir diese Tiere auch immer halten würden. Ein Biss in den Nacken – die Spezialität der Leoparden – und wir wären hinüber. Es gäbe in einer solchen Situation auch nicht viel, was er für uns tun würde – das ist übrigens die Einstellung aller Guides, dass sie Bewerbern für den Darwin-Award nicht beispringen würden, um zu helfen. Er erzählte von einer Schweizerin, die vor wenigen Monaten auf die Idee gekommen ist, im Krüger-Nationalpark ohne Zelt zu übernachten und von der man nur noch Teile auf einem Baum am nächsten Tag fand. Leoparden sind definitiv keine sehr freundlichen Tiere.
Geparden dagegen sind harmlos und nett. Zumindest zu Menschen. Wir stehen wohl nicht auf deren Speisekarte. Ich bin mir nicht sicher, ob man nicht Bestandteil der Speisekarte wird, wenn man anfängt vor ihnen davon zu rennen. Denn das ist etwas, was ihren Jagdtrieb anfacht. Wir sahen zwei Geparden, die an dem Ufer eines ausgetrockneten Sees lagen. Am anderen Ufer lag das Haus des Besitzers. Der lebt also nicht in dem geschützten Bereich, wie die Touristen, sondern inmitten der Natur und damit weitgehend auf vor Touristen geschützt. Ich scherzte, dass er ja ein „Haus am See“ hätte. Daniel lachte und erzählte, der See hätte manchmal im Januar und Februar Wasser. Sonst wäre er nur feucht, dass man erkennen kann, dass es ein See sein könne.
Die Geparden waren recht relaxt, da entdeckten die beiden Führer zwei andere Geparden einer anderen Gruppe linker Hand im Gebüsch und meinte, dass diese Konstellation nach Revierkampf aussehen würde. Als hätten es die Geparden in dem Park schon nicht schwer genug, müssen sie sich das Leben noch selber schwer machen.
Ihre Hauptfeinde sind in dem Park die Leoparden. Die mögen Geparden so gar nicht in ihren Revieren und greifen sie an, wo immer sie können – anschleichen, ein Biss in den Hals, Sache erledigt, Mahlzeit gesichert. Leoparden sind in dieser Hinsicht recht rigoros, sie bringen sich auch gegenseitig bei Revierstreitigkeiten um. Erst in den letzten Monaten hat der Park zwei oder drei Geparden auf diese Art verloren. Egal, was ein Leopard frisst, es bleibt nichts über – er frisst immer alles auf, samt Knochen. Dass ein Leopard einen anderen Leoparden oder einen Geparden gefressen hat, merkt man hier also oft nur daran, dass das Signal-Halsband irgendwo rumliegt. Das gehört nicht zur Speisekarte.
Geparden passen nicht ganz in die Landschaft mit den Bäumen und lieben eher eine freie Landschaft ohne große Hindernisse. In Okonjima werden solche Flächen nach und nach geschaffen, so dass die Geparden jagen können. Aber es braucht seine Zeit.
Irgendwann stand einer der draußen liegenden Geparden auf und machte sich auf ins Gestrüpp der anderen Gruppe. Wir standen neben dem Auto und konnten zusehen, was passieren würde. (Zu unserer Sicherheit, stand der Fahrer mit einem Knüppel bei uns – das reicht offenbar als Schutz.) Es passierte nicht viel und erinnerte einen an die Rituale der Katzen zu Hause. Die sich bedrängt fühlenden Katzen fingen an zu knurren und murren (in recht hohen Tönen). Der bedrängende Gepard interessierte das gar nicht, kloppte aber auch nicht auf die anderen beiden ein, sondern fing an durch ausgiebiges Urinieren, das Gebiet zu markieren. Bei uns würde man das eine Ohrfeige nennen. Der zweite draußen liegende Gepard ging zu Unterstützung auch ins Gebüsch, aber man war wohl schon soweit übereingekommen, dass die Fronten geklärt sind, denn kurz darauf lagen sie wieder am Ufer des leeren Sees und dösten.
Das taten die anderen Geparden, die wir an dem Tag sahen, auch: dösen. Irgendwo unter einem Baum. Manchmal in Gruppen, oft auch allein.
Unterwegs sahen wir viel von ihrem Futter herumlaufen. An Räubern gab es noch Schakale zu sehen (die den Führer so gar nicht interessierten, es gab offenbar genug von ihnen) und Wild-Hunde, auf die man hier stolz war. Von denen habe ich keine anständigen Bilder machen können, da ich zum einen auf der falschen Seite stand und zum anderen der Akku meines Fotoapparates leer war. Aber die Beste aller Ehefrauen filmte lang und ausgiebig. Wildhunde sind furchtlos, wurde uns gesagt und gefährlich. Daniel wäre nie auf die Idee gekommen, in der Nähe von ihnen auszusteigen. Die extrem gefährdeten Tiere, es gibt nur noch ganz wenig von ihnen, sind deshalb bei den Farmern sehr unbeliebt, da sie ihre Beute im Rudel jagen und lebendig auffressen. Das Rudel bestand aus vier Hunden und lag einfach nur faul im Schatten eines Baums.
Im Lager zurück gab es Frühstück und danach eine kleine Pause. Kaum hatte ich mein Haupt auf das Kissen gebettet, war ich auch schon weg. Einfach nur schlafen, meinte mein Körper, und ich folgte ihm.
Um ein Uhr war die nächste Aktivität angesagt. Diesmal ging es zur Africat Foundation. Vorneweg sahen wir uns noch einen „gestörten“ Leopard an, der von Menschen per Hand aufgezogen war und nicht mehr für die Wildnis „geeignet“ war. Das war allerdings kein Kuschelleopard. An anfassen war also nicht zu denken – Daniel beantwortete die Frage, ob er ihn schon mal angefasst hat, mit „ja“, allerdings lag der Leopard da in Narkose. Das Gehege ist riesig und nachdem er gefüttert war, verschwand der Leopard auch wieder in den Weiten seines Geheges. Daniel berichtete uns, dass der Leopard zur Zeit etwas verärgert wäre, denn er wäre auf Diät. Dem Tier beim Fressen zuzusehen war schon beeindruckend, wobei es gar nicht das Sehen sondern das Hören war. Das Knacken der Knochen, die der Leopard alle mit auffrass.
Hier waren auch noch ein paar Geparden unterwegs, die aber ganz friedlich unter den Bäumen schlummerten. Das Schöne an der Tour war, dass wir nur zu dritt waren und Daniel mit Fragen löchern konnten.
Abschließend zeigte er uns noch das Education Center, bevor es zurück zu Kaffee und Kuchen ging und wir den Rest des Tages es den Geparden gleich taten – einfach faul rumgammeln.