Es gibt so Fügungen, da fragt man sich, wofür sie gut sind.
Freitag vor einer Woche kam ich von einer Dienstreise zurück und wollte es mir schön bequem machen. Zum „bequem machen“ gehört auch immer Luna. Also zumindest ist Luna der Meinung, dass sie dazugehören würde. Also kommt sie angehumpelt, springt auf einen und macht es sich bequem.
Da sie dann laut vor sich hinschnurrt, kann man gar nicht anders: Man muss die Katze streicheln. Dabei machte ich eine unangenehme Entdeckung gar nicht weit vom ursprünglichen Tumorherd. „Scheiße“, dachte ich mir, „das ist ja wohl nicht wahr!“ Der Miezekatze war das auch sichtlich unangenehm, dass ich nun an der Stelle rumfummelte und wollte sich trollen. „Komm her Mieze“, rief ich ihr hinterher, „das will ich mir anschauen!“ Aber Katzen sind im Gehorchen nicht besonders gut.
Was ich aus dem letzten Mal gelernt habe: Zeit schinden bringt nichts. Also suchte ich die Adresse raus, rief beim Tierarzt an und bat um einen Termin. Zwei Stunden später brachen wir auf und ich war nicht der Einzige im Auto, der laut fluchte. Lunas Flucherei war ein wenig verhaltener, aber doch deutlich lauter als ihre sonstigen Meinungsäußerungen.
Der Tierarzt hat seine Praxis wie eine moderne Arztpraxis für Menschen aufgezogen. Das heißt, mehrere Behandlungsräume und wenn man in einen gerufen wird, heißt es noch lange nicht, dass man auch gleich dran ist. Im Nachbarraum hörten wir erst dem wilden Gejaule einer Katze zu, ein Geräusch, dass Luna hellhörig werden ließ, und dann dem dumpfen Knurren eines kleinen Hundes, der sich bewusst war, dass er chancenlos war. Ich hatte den Käfig geöffnet und fing Luna an zu kraulen und präparierte mich schon mal für die Frage des Arztes, was denn wo wäre. Als ich die Stelle fand, fing ich an, mich zu wundern: War die Stelle vorhin nicht viel härter gewesen? Größer auch. Gefunden, ist gefunden, dachte ich und behielt den Finger drauf.
Der Arzt kam, tastete Luna ab, setzte sie wieder ab und machte ein ernstes Gesicht. „So schnell!“ meinte er nur. „Ja, drei Monate“, meinte ich. Da hatten wir uns mehr erhofft. Dann fing er an, zu erzählen. Was man alles machen könne, was er nicht empfehlen würde, was schlecht wäre, wofür er zu alt sei – interessant, wenn man leidenschaftslos ist, zumindest mir geht das so. Ich will dann hören, was geht und was seine Empfehlung wäre und los geht’s oder halt auch nicht.
Er, meinte er, würde operieren. Das würde die Katze gut überstehen, das würde helfen. Für wie lang, könne er nicht sagen. Irgendwann, da darf man sich halt nichts vormachen, geht das auch nicht mehr oder man sollte es dem Tier nicht antun. Aber in diesem Fall: So schnell wie möglich operieren. Ganz meine Meinung, meinte ich, wir würden operieren, ob der nächste Tag okay wäre. Da stockte ihm ein wenig der Atem, aber ich hatte meine Dienstreisen im Blick und den Zeithorizont, die Pläne von Susann kannte ich nicht, deshalb schien es mir nur opportun, gleich Nägel mit Köpfe zu machen. Nächste Woche, meinte er und so einigten wir uns auf einen provisorischen Termin, der dann der endgültige wurde.
Ich bin ja immer noch unterwegs und höre nur die Wasserstandsmeldungen: Luna hat es gut überstanden und es geht ihr den Umständen entsprechend gut. Das was ich zuerst entdeckt hatte, war nicht mehr als ein wenig vorstehender Knorpel. Das was ich beim Tierarzt gefunden hatte, war der Krebs. Beim Röntgen wurden keine Geschwüre an den Organen wie der Lunge gefunden. Das gibt wieder ein wenig Hoffnung.