Für die Kambodscha-Tour hatte sich Susann einen Reiseführer von Marco Polo geholt. Er sah nicht gebraucht aus und wir haben ihn nur selten gebraucht. Wenn es abends um die Frage ging, wo essen wir, dann haben wir mal nachgeschaut – aber allzu oft waren wir unserer eigenen Nase gefolgt, der Empfehlung der Rezeption und haben auf das gehört, was uns Mr. Munny auf den Weg gegeben hat. Für den letzten Abend dieser Reise gaben wir dem Reiseführer noch einmal eine Chance, uns zu überraschen. Was ihm – ohne, dass ihm die geringste Schuld zuzuweisen wäre – auch gelang. Ausgesucht hatten wir uns in Siem Reap (ahh, wir sind wieder zurückgekommen aus Battambang) das „Selantra“, was ein wenig abseits des Touristenviertels liegen sollte. Das ist natürlich relativ, denn bei näherer Betrachtung, lag es in der Nähe anderer im Reiseführer genannter Restaurants. Damit meine ich, eine Straßenecke entfernt und in einem von denen hatten wir unabhängig von Marco Polo auch schon gut gespeist.
Susann ging nach ihrem mittlerweile schon obligatorischen Spa-Besuch zur Rezeption und fragte, ob sie ein Tisch für uns reservieren könnten. Wie immer waren die Rezeptionisten im Tara Angkor sehr hilfsbereit, nur gelang es ihnen nicht auf Anhieb, weshalb sie versprachen, sich telefonisch bei uns zu melden und Bescheid zu geben. Fünfundvierzig Minuten später war es soweit: Wir bekamen einen Anruf, in dem die Tischreservierung bestätigt wurde.
Frohen Mutes gingen wir um sieben aus dem Hotel. Die Tuk-Tuk-Fahrer standen schon bereit und wollten uns gern transportierten. Allein die Adresse machte ihnen ein wenig zu schaffen. Sie konferierten miteinander und schließlich erklärte ein, dass er wisse, wo es ist. Er sagte das nicht im Brustton der Überzeugung, aber als er in Richtung „abseits des Touristenviertels“ abbog, war ich doch guter Dinge. Wir fuhren an den uns bekannten Restaurant vorbei, in dem wir ein Lunch mal eingenommen hatten, und warteten auf das Erscheinen unseres Restaurants. Nur es erschien nicht.
Der Fahrer drehte auf der gut befahrenen Straße und fuhr zurück. Er warf noch mal einen Blick in den Reiseführer und entschied sich, in eine Seitenstraße zu fahren. Dort gab es einiges, nur nicht das besagte Restaurant. Er war sich ziemlich sicher, dass es nicht mehr kommen würde und drehte an dem Punkt um, den ich als „hier will Susann nicht sein, ich gehe da aber hin“ definieren würde. Er fuhr wieder zurück zur Hauptstraße und konsultierte unseren Reiseführer erneut. Ein Wachmann, der vor einer Art Starbucks Wache schob, nahm nun an den Konsultationen teil und später gesellten sich auch noch zwei junge Männer, die in einem Restaurant-Imbiss auf der anderen Seite die Ratlosigkeit des Tuk Tuk-Fahrers beobachtet hatten, der fröhlichen Runde hinzu – die waren der festen Überzeugung, wie ich zumindest der Gestik entnehmen konnte, dass da noch was kommen müsse.
So kehrte der Tuk Tuk-Fahrer wieder um und fuhr in die Straße hinein. Es wurde staubiger, es wurde dunkler und in diese Dunkelheit sagte Susann: „Hier muss es gleiche kommen. Ich habe die Buddha-Statue gesehen und die ist hier auch in dem Plan eingezeichnet.“ „Schatz, ich würde in einem buddhistischen Land das Auftauchen einer solchen Statue nicht als verlässliches Zeichen nehmen.“ „Stimmt auch wieder.“ Und es stimmte. Irgendwann gab es etwas Licht und wir waren an einem Hotel angelangt, in dem das genannte Restaurant trotzdem nicht zu finden gab. Dem Tuk Tuk-Fahrer war die Verzweiflung im Gesicht anzusehen und sowohl von ihm wie auch von Susann gab es die defätistische Meinungsäußerung, es gäbe ja noch andere Restaurants. Schon, aber in denen hatten wir keine Reservierung! Und was weiß ich, es war immer neu chinesisches Neujahr und auf den Straßen war der Teufel los!
Aber wir hatten ja die Telefonnummer. Der Fahrer rief an und sagte, dass es keinen Anschluss unter der Nummer gäbe. „Ahh“, meinte Susann, „das haben die im Hotel auch gesagt. Aber die haben sich die Nummer dann von der Webseite geholt.“
Susann ging in das Hotel und versuchte herauszufinden, wo es sich das Restaurant befindet, während ich gemeinsam mit dem Fahrer über einer Karte, die er nun seinerseits noch hervorgezaubert hatte, über den Standort des Restaurants rätselte. Nach einer Weile kam Susann wieder: „Weiß nicht, wo es ist“, war die schlechte Nachricht, „aber ich habe eine Telefonnummer.“ So hatte der Fahrer die Chance, sich zu erkundigen, wo sich das Restaurant befindet. Das Ergebnis war spektakulär: Das Restaurant war da, wo es immer war. Wir waren schon vorbei gefahren. Es hieß jetzt nur anders. Der neue Name – „Charcoal“ – hatte mit dem alten auch so wenig gemein, dass eine intuitive Verknüpfung nicht möglich war.
Wir wurden erwartet. Das Essen war französisch angehaucht. Susann gönnte sich Krokodil und konnte das gut mit dem vor zig Jahren gegessenem Alligator vergleichen (letzterer gewann das Rennen), während ich es mir ein letztes Mal mit einem Khmer-Curry vergnügte. Darüber, dass wir mit der Hälfte am Vorabend vier Leute verköstigt hatten, machten wir uns mal keine Gedanken.
Es war allerdings nicht das einzige Problemchen an dem Tag. Mr. Munny hatte beim Essen einen Saft bestellt und der wollte und wollte nicht kommen. Erst bekam den falschen Saft, dann gar keinen mehr. In der Zeit hatten wir unsere Mango-Shakes, die auch immer einiges an Zeit benötigen, ehe sie kommen, zweimal gehabt. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Einige Sachen haben wir uns getraut zu essen, bei anderen kapitulierten wir. Da waren beispielsweise die Ratten, die es gegrillt gab. Mr. Munny erklärte uns, dass man die sehr gut essen könne. Auch Mäuse. Sie müssten halt nur frisch vom Feld sein. Die aus der Stadt sollte man nicht essen – für die Qualität wollte er sich nicht verbürgen. Auf die Frage, wie es denn schmeckt, gab es die Standardantwort: „Besser als Hühnchen.“ Das hatten wir indes schon ein paar Mal gehört, denn Mr. Munny sagte uns auch das Hund und Katz besser schmecken würde als Hühnchen. Für mich ist das trotzdem kein Grund von gewohnten Nahrungsbeschaffungsgewohnheiten abzuweichen.
Aber es ist halt vieles unterschiedlich, was das Reisen interessant war. Susann fragte mal, warum es denn sowenig Reiseführerinnen geben würde. Mr. Munny vermutete, dass es daran liegen könnte, dass Frauen in Kambodscha auf ihren hellen Teint achten würden. Das hatten wir aus Vietnam auch schon gehört und zwar als Erklärung, warum Frauen gern Mundmasken tragen würden. Abgase sind auch ein Grund, aber der Hauptgrund wären Schönheitsaspekte. Er machte sich darüber leicht lustig, und erzählte uns, dass es auch Hautcreme geben würde, die für weiße Haut sorgen würde. Wir mussten ihm „beichten“, dass es bei uns einen ähnlichen Trend geben würde. Etwas gebräunte Haut gilt bei uns als schick, wofür bestimmte Leute durchaus auch in Solarien gehen würden und Bräunungscreme verwenden würden. Die Welt ist verrückt….
Heute morgen ging es in aller Hergottsfrühe mit Air Asia nach Kuala Lumpur zurück. Dort ließen wir am KLIA zwei in einem Gepäck-Depot unsere Taschen und machten uns mit dem Zug auf den Weg in die Innenstadt. Von dort aus wollten wir mit der Monorail weiter in Richtung Petronas-Tower, auf denen ich ja immer noch nicht gewesen war. Susann kannte sich da nun aus und war optimistisch, dass es diesmal was werden können. Von K.L. Sentral buchten wir eine Fahrt durch und auf der Karte sah es so aus, also ob man bequem umsteigen könne. Auf der Route, die wir gewählt hatten, war das aber nicht möglich und ein freundlicher Mitarbeiter des Unternehmens gab uns den Tipp, einen anderen Weg zu wählen. Andernfalls würden wir unsere Fahrkarte verlieren und müssten erneut buchen. Der Umweg wäre aber von der Stelle, an der wir waren so gewaltig gewesen, dass wir den Verlust ins Kauf nahmen und noch einmal 25 Cent in eine Fahrkarte investierten.
Um dann an den Petronas-Towers zu erfahren, dass keine Tickets mehr verkaufen würden. Das gab wiederum Susann die Chance, ein Mittagessen einzufordern und dann ging es ins Aquarium. Auch dort konnte Susann schon Führungen durchführen und führte mich zu den Attraktionen der Fischsammlung. Highlight ist ein Tunnel unter einem Aquarium, in dem man Rochen und Haie besichtigen kann, die über einem entlang schwimmen. Man selbst steht auf einem Rollband, das man nicht verlassen soll, damit keine Staus von begeisterten Zuschauern entstehen.
Zurück am Flughafen geht es jetzt noch darum, den gebuchten Platz einzunehmen und heil wieder zu Hause anzukommen.