Wir hatten uns für den 10- Uhr-Transfer Fahrkarten besorgt. Ziel war Calgary Downtown. Innerhalb von zwanzig Minuten waren wir da und hatten nun bis halb sieben Uhr Abends Zeit, die Stadt zu erobern. Der Reiseführer hatte uns einige Ziele in der Stadt genannt und einige außerhalb. Letztere fielen für uns erst einmal aus und wir konzentrierten uns auf die Stadt.
Ganz ehrlich? Einen Zugang zu Calgary zu finden, fiel mir wirklich schwer. Ich ging durch die Straßen und den berühmten +15-Bordwalk und fand daran überhaupt nichts. Ich dachte immer nur: »Langweilig! Langweilig« – mit ganz langem A – und mir fiel ein, dass die Frau Schwiegermama, bei der Mitteilung, dass wir um halb sieben erst wieder zurückfahren würden, fragte, was wir denn so lang in der Stadt wollten. Na in Vancouver, so unsere Antwort, waren wir auch ganz gut beschäftigt. Man soll aber halt nicht Äpfel mit Birnen vergleiche. Calgary ist anders.
Erst als wir an einem Park angelangten und einen Blick auf die Skyline werfen konnten, wir lustige Leute auf Tretfahrrädern beobachten durften, die sich gegenseitig mit Wasserpistolen beschossen und dabei doch in einem Team zu sein schienen, wurde die Stimmung lockerer und wir wurden warm mit der Stadt. Von dort aus ging es nach Chinatown, wo wir in einem kleinen Einkaufszentrum Lunch einnahmen – in Form von gefüllten chinesischen Brötchen – und dann zum Glenbow-Museum.
Vielleicht kann man Calgary-Besuchern auch den Fernsehturm als Ziel empfehlen, aber das Wetter war wolkig und es drohte zu regnen. An solchen Tagen ist der Besuch von Fernsehtürmen normalerweise rausgeschmissenes Geld, weshalb wir es ließen. Mit dem Wetter hatten wir noch Glück, denn es sollte erst kurz vor 18.00 Uhr anfangen zu regnen – da waren wir mit der Stadt quasi schon fertig -, es gab so gar Phasen von Sonnenschein. Aber das interessierte uns erst einmal nicht, denn wir waren mit dem Glenbow-Museum den ganzen Nachmittag beschäftigt. Wenn es einen Tipp gab, der Gold wert gewesen war, dann der, dieses Museum zu beobachten – moderne Kunst (Geschmackssache), asisatische religiöse Kunst (keine Dauerausstellung), die Geschichte Albertas (sehr interessant aufbereitet) und die Geschichte und Kunst der kanadischen Ureinwohner (sehr gut und beeindruckend) sowie eine Mineralien-Ausstellung machten den Nachmittag der abwechslungsreich.
Danach waren wir so fertig, dass wir erst einmal was Essen waren. Milestone Grill & Bar lag an der Hauptstraße in der unmittelbarer Nähe vom Museum und da es mit vernünftigen Preisen und wie sich dann herausstellte, auch gutem Essen aufwartete, waren wir höchst zufrieden.
Erst beim Weg zur Haltestelle fiel mir auf, dass ein Gang auf die Toilette eine gute Idee gewesen wäre. Da es langsam anfing zu regnen, gingen wir in ein Büro-Gebäude – keines, welches für Publikumsverkehr gedacht war. Die Damen, die auch auf die Idee mit der Toilette gekommen waren, machten sich mal auf den Weg und kamen kurz Zeit später zurück, dass ich mitkommen würde, ein Security-Mann hätte ich bereit erklärt, die Toiletten zu öffnen. Hatte ich schon erwähnt, dass wir in der ganzen Zeit hier, noch nicht einmal einen Einheimischen erlebt hätten, der unzuvorkommend und unhöflich gewesen wäre? Vielleicht war es pures Glück und statistisch ist davon auszugehen, dass es auch unter den Kanadiern unangenehme Zeitgenossen gibt … sie scheinen sich aber gut zu verstecken.
Heute Morgen fing der Radau dann an. Der Himmel über Calgary hatte sich entschlossen, seine Schleusen zu öffnen und das, was er an Regen zu bieten hatte, über der Stadt und dem Umland zu verteilen. In einem Wohnwagen erzeugt das einen ohrenbetäubenden Lärm, bei dem man nicht schlafen kann. Das hatte er, der Himmel, auch schon mal am Vortag getan, sich dann aber über den Tag beruhigt. Daran war heute nicht zu denken. Wir trotteten im leichten Regen zum Waschraum, kamen bei richtigem Regen wieder, der Wasser-Wechsel erfolgte dann bei leichtem Regen, das Tanken (in Alberta übrigens im Unterschied zu B.C. richtig billig – 25 Cent Unterschied!) bei mäßigem Regen, während die Autofahrt Richtung Banff/Radium Hot Springs bei richtig heftigem Regen erfolgte.
Wir sparten uns Banff. Die Berge waren nur ein wenig zu sehen. Der zu durchquerende Kooteneay-Nationalpark überraschte uns auch mit einigen Nachrichten, die eher unangenehmer Natur waren: »Achtung, Waldbrände! Eingeschränkte Sicht!« und »Wanderweg wegen Überflutung gesperrt.« – wenn wir etwas hätten etwas wirklich machen wollen, es wäre gar nicht möglich gewesen. Abgesehen davon, dass das Wetter nicht wirklich besser wurde.
Dazu noch die falschen Versprechungen, wie »Wölfe auf der Fahrbahn«, die sich als haltlos herausstellten – was uns sehr enttäuschte.
Bei der Einfahrt in Radium Hot Springs klarte das Wetter ein wenig auf, womit gemeint ist, dass es weniger regnete und man hin und wieder einen Blick auf Fetzen von blauen Himmel werfen konnte. An der Rezeption des Campgrounds gab es dann auch üble Späße der Art, dass man sich ja gerade das richtige Wetter ausgesucht hätte. Die Anlage ist übrigens wunderschön in einem Tal gelegen. Die Stadt liegt oben und unser Stellplatz liegt direkt an einem Bach, der gar lieblich hinter mir rauscht. Nach dem Regen heute Abend, gefühlt sogar ein wenig mehr als heute Nachmittag.
Die Stadt verspricht heiße Quellen, weshalb wir uns zum Schwimmbad aufmachten. Wir lagen fast zwei Stunden im Wasser bei 38 Grad Celsius. Über einem der Himmel, der sich mal bezog und dann wieder die besagten blauen Phasen hatte – eingerahmt von Felsen und einem Bach, vermutlich der Gleiche, der an der Anlage vorbeirauschte.
irgendwann schamm eine Familie – ungelogen – auf uns zu und machte es sich neben uns im Becken bequem. Wir beobachten sie ein wenig und unterhielten uns und der Mann kam irgendwann herangeschwommen und meinte, er würde in uns Deutsche erkennen. Alsbald stellte sich heraus, dass das für ihn nicht schwer war, da die Eltern seiner Frau und seines Schwagers in den 50ern aus Deutschland nach Kanada ausgewandert waren. So kannte er verschiedene Wörter und Gerichte aus dem Deutschen und seine Frau konnte sich sogar ein wenig auf Deutsch unterhalten, auch wenn wir aufgrund der Gruppendynamik größtenteils im Englischen blieben. Sie hatten noch Verwandtschaft in Hamburg und Ahrensburg, was deshalb ganz interessant ist, da meine Ahrensburger Tante Verwandtschaft in Alberta erwähnte. Eine Verbindung, die mir aber erst später wieder einfiel.
Die Herrschaften aus Edmonton schwärmten von Schmalz und die Frau berichtete, dass sie versucht hatte, dies aus Deutschland für ihren Mann nach Kanada zu schmuggeln, aber am kanadischen Zoll gescheitert wäre. Dieser schwärmte vom Schmalz und den dazugehörigen Zutaten und empfahl uns ein österreichisches Restaurant im Ort. »Alt Salzburg« meinten wir und er sagte irgendwas mit »… Stube«, was sich als »Helna’s Stube« herausstellte – die beiden war übrigens nicht die beiden einzigen Lokalitäten, die österreichische Bezüge hatten – Tyrol sei erwähnt (so auch geschrieben) und die Alpen.
Wir waren dann bei Helna und verglichen die Küche mit der Original-Küche aus Österreich, die uns einigermaßen vertraut ist. Wir fanden die Unterschiede zwischen amerikanisierten Variante zum Original ganz urig. Lecker war es trotzdem.
Apropos Begegnungen: Als wir heute Morgen im Regen unser Wasser auffüllten, kam uns auf dem Campingplatz ein Paar entgegen. Mir fiel es auf, weil sie nicht nur einen Hund an der Leine führten, sondern auch eine Katze. Das kann man wohl eine Besonderheit nennen, denn Hund und Katze verstanden sich; die Katze war mit dem Regen nicht sonderlich unglücklich und sie lief an der Leine. Wir haben Letzteres vor Jahren mal probiert und die Ergebnisse waren eher durchwachsen. Aber das Paar, welches aus Montana stammte, erzählte, dass die Katze nur einen Monat gebraucht hatte, sich daran zu gewöhnen und es jetzt mögen würde. Manchmal sei es ein wenig kompliziert, was die Katze auch gleich präsentierte, wenn sie das Bedürfnis hatte, auf einen Baum zu klettern. Erstaunlich rege und flink, für eine Katze von 21 Jahren.
Man kann ja sagen, was man will, aber man erlebt schon was…