Es ist absolut faszinierend. Ich liege auf dem Bett, ein kalter Luftzug weht angenehmerweise durch den Raum und es hört sich so an, als würde ich mitten auf der Straße liegen. Mit dem Unterschied, dass ich wahrscheinlich gleich Matsch wäre und dabei noch schwitzen würde. Die Geräusche von der Straße sind vielfältig und laut, obwohl die Fenster zu sind.
Das Hupen ist natürlich ständig dabei, da dies die Sprache der Moped-, Roller- und Autofahrer ist, die sich viel zu erzählen haben. Dazu kommt eine stattliche Anzahl anderer Geräusche, wie zum Beispiel das Klappern des fahrenden Fußmasseurs und die Lautsprecher-Durchsagen einer Lebensmittelverkäuferin, die mit dem Fahrrad durch die Straßen zieht.
Die Eindrücke erschlagen einen und man weiß gar nicht, wo man zuerst anfangen soll zu erzählen und oft vergisst man einfach etwas. Gestern wies uns Luan auf ein Boot hin, auf dem Schweine versammelt waren. Freiwillig waren die nicht da, aber vielleicht haben sie die Fahrt ja genossen. Dann war da aber auch noch der Moped-Fahrer, der nicht auf seinem Anhänger Ferkel transportierte. Ich konnte es gar nicht fassen, so dass ich nicht dazu kam, den Fotoapparat in Aktion zu bringen. Zehn Ferkel, nicht mehr so klein, waren zusammengewürfelt auf einem recht kleinen Anhänger, so erzählte ich es auch und meinte, wir würden ihn sicher noch mal sehen, wenn wir losfahren würden und ihn überholen würden. Das war auch der Fall: Er stand am Straßenrand und wässerte sein Viehzeug. Nur waren auf dem Wagen keine zehn, sondern es waren mindestens zwanzig Ferkel, die sich den Platz teilen mussten.
Luan meinte, dass es nichs gäbe, was nicht mit Mopeds transportiert werden könne. Da hat er wohl recht. Meine Favoriten sind die Kerle in Saigon, bei denen der eine fährt und der andere eine Glasscheibe hochkant festhält. Ich mag mir immer nicht vorstellen, was passiert, wenn es mal einen Unfall gibt. Aber das wird bei den Mopedfahrern, die lange Stahlrohre transportieren, nicht viel anders sein.
Ein wenig surreal war die Situation heute morgen, als wir zu den unterirdischen Gängen des VietCong fuhren. Wir fingen an über Fußball mit Luan zu reden und wir fahren ziemlich erstaunt, dass er ein profunder Kenner des deutschen Fußballs war. Er kannte sich viel besser aus als wir und ist, wie er uns mitteilte, steter Gast der Webseiten des FC Bayern (ja ein Fan, auch wenn er meint, dass sie die Nase ziemlich hoch tragen) und der deutschen Nationalmannschaft. Vietnam mache fußballmäßig keine große Freude, aber auch dort kannte er die Ergebnisse der letzten Vorrundenspiele auswendig.
Wie unterschiedlich die Kulturen sind, merkt man immer daran, wenn er etwas ins Plaudern kam. Beispiel Markt: Die Frau Mama stand vor einem Fleischerstand und ergötzte sich an Stücken Fleisch, die einen anschauten. Ich meinte, das wäre Schweinekopf. Frau Mama war nicht überzeugt. Luan kam und auf unsere Nachfrage, erklärte er, dass dies Schweinekopf wäre (siehste!) und dass die Augen dazu gehören würden. Ja, die wären lecker, er hätte die schon gegessen. Nein, dachte ich, dass muss wirklich nicht sein. Beispiel Natur: Ja, es gibt Schlagen, aber im Mekong-Delta sind diese nicht giftig. Vor allen können sie lecker sein. Er, Luan, hatte den Auftrag eine Besorgung für seine Mutter vorzunehmen. Auf dem Fußweg zum Ziele erspähte er eine faule Schlange. Er nahm einen Stock und erschlug die Schlange. Die Besorgung war erst einmal vergessen, denn er brachte die Schlange zu seiner Mutter, die eine schöne Suppe daraus kochte. Wenn er das erzählte, strahlte er über das ganze Gesicht. Ich dachte: »Das arme Tier!« und »Muss man das denn essen?« Aber ich will nicht ausschließen, dass es lecker schmeckt.
Wenn man viele Touristen sehen will, dann ist der Ort der unterirdischen Tunnel sicher schon mal ein guter Anlaufpunkt. Unterschiedlichste Nationen tummelten sich dort. Wir trafen die deutschen Backpacker, die wir auf dem Bauernhof schon getroffen hatten, dort wieder – besser gesagt, Luan hatte sie erblickt und begrüßte sie freudig. Es wird dort ein Film gezeigt, der von unterirdischer filmischer Qualität ist. Dass die Bilder nicht HD sind, ist leicht nachvollziehbar. Aber die Ton-Qualität war auch ausgesprochen schlecht. Abgesehen davon, dass es ein ausgewiesener Propaganda-Film gewesen war, der dem normalen Amerikaner wohl die Tränen in die Augen getrieben hat, wenn er dort hört, dass die Partisanen ihre Fröhlichkeit im Kampf nicht verloren hatten.
Die Tunnel selbst sind ja etwas erweitert worden und da ich als einziger der Gruppe der Meinung war, dort durchmarschieren zu müssen, möchte ich dafür noch einmal meine Dankbarkeit bekunden. »Durchmarschieren« ist auch der falsche Begriff, es handelte sich vielmehr um ein in der Hocke durchwatscheln. An drehen und wenden war nicht zu denken. Heiß war es und dunkel. Wenn man aber erst einmal da unten ist, und einem klar wird, dass dies definitiv keine gute Idee war, das auszuprobieren, ist es zu spät. Das toppt jede Geisterbahn.
Wir fuhren von dort aus zu einem Restaurant, welches sehr schön lag. Das Essen war o.k., aber nicht so gut wie gestern. Von dort aus ging es dann wieder zurück nach Saigon. (Interessant: Nord-Vietnamesen sagen Ho Chi Minh City, Süd-Vietnamesen weiterhin Saigon.)
Dann ging es über den Palast der Wiedervereinigung (dem früheren Präsidenten-Palast), zur Kathedrale und zur Hauptpost. Dort lernten wir nicht nur etwas über die Geschichte der Gebäude, sondern auch, dass es eine eigene Touristen-Polizei gab, die dafür sorgte, dass die Fremden v on Mopedfahrern umgenietet werden. Allerdings können die halt nicht überall sein.
Der Abend wurde in einem thailändischen Restaurant beschlossen, welches aber nicht so gut war, wie wir es erhofft hatten; dafür aber teurer als erwartet.