In der Tat war gestern nicht sehr viel los. Wir fuhren, fuhren, fuhren und fuhren. Durch die Wüste und dann über die Autobahn. Der Hotelier hatte uns ein ehrgeiziges Ziel vorgegeben und wir waren uns nicht so recht sicher, wie das Ziel gesetzt war: 16 Uhr oder 17 Uhr. Das macht schon ein wenig was aus. Pünktlich waren wir, soviel kann ich verraten, und unser Hotel in Palm Springs ist das, was man reizend nennt.
Bevor wir im »Old Ranch Inn« ankamen, machten wir in der Mojave-Wüste ein paar Stops und fotografierten, was es an Nichts zu fotografieren gab. Wir fuhren Ewigkeiten an einer Bahnstrecke entlang und nicht einmal ein Zug kam. Diese Züge, die ja so faszinierend sind. Frau Mama will einmal einen Zug gesehen haben, der 200 Waggons zog. Nicht ganz unwahrscheinlich. Ich hatte das Zählen aus Sicherheitsgründen als Fahrer oft aufgegeben. Aber mit vier Loks vorne und zwei hinten ist das wohl drin. Doppelstock-Transporte waren es auch noch.
Wir machten eine kleine Pause an einer Tankstelle und wenn man nun nach den Highlights fragte, wird es wohl unterschiedliche Antworten geben: Susann machte die Entdeckung, dass man Starbucks-Kaffee nicht nur in der Flasche kaufen kann (es gibt unter Kaffee-Trinkern dafür auch einen Fach-Namen), sondern auch als Eis. Frau Schwiegermama machte die Entdeckung, dass man Eis auch zurückgeben kann, wenn zuwenig in der Verpackung ist. Und ich machte die Entdeckung, dass das Pinkeln im Stehen auch gefährlich sein kann, dann nämlich, wenn während des Vorgangs plötzlich das Licht ausgeht. Vielmehr als ein »Das kann doch nicht wahr sein«, ist mir in der Sekunde auch nicht eingefallen, will auf weitere Details aber nicht weiter eingehen, nur betonen: Es ist noch einmal gut gegangen. Das ich nicht allein war, bekam ich aber schon während des Vorgangs mit, denn ein kleines Kind erzählte draußen laut etwas, davon, dass das Licht ausgegangen sei. Von wegen: »Allein, allein«.
Das vom Wirt empfohlene Restaurant verließen wir wieder und die beste Frau von Welt versicherte mir, dass sie mich trotzdem lieb hat. »Johannes«, ein netter Name für ein amerikanisches Restaurant, wurde es aber nicht, da es auf unserer Liste mit vier Dollar-Zeichen gekennzeichnet war. Das wollte wir nicht einmal probieren. So wurde es das Restaurant mit der interessantesten Außenanlagen-Ausstattung. Es lag an der Hauptstraße, auf der erstaunlich wenig los war, und hatte eine Anlage, wie sie bei meinem Lieblings-Superhändler zum Frischhalten von Obst und Gemüse benutzt wurde: eine Anlage, die feines und kühles Wasser verteilt. Man konnte nicht nass werden, es kühlte nur.
Da fällt mir ein, dass wir in der Ecke total überrascht wurden. Eigentlich hatten wir schon in Los Angeles damit gerechnet, nur gechlortes Wasser zu trinken zu bekommen, so wie wir es aus Georgia und Florida kannten. Aber das hielt sich doch sehr in Grenzen, wenn sie es taten, was es kaum zu schmecken. Oder unsere Geschmacksnerven haben in den letzten Jahren so sehr gelitten, dass wir es nicht mehr schmecken.
Wir machten mal wirklich einen drauf und leisteten uns noch einen Wein, denn wir waren ja zu Fuß unterwegs. Das Essen war wirklich gut und die Bedienung darf ruhig hervorgehoben werden unter den ganzen netten Bedienungen, die wir bisher hatten. Auch, ein Wort der Kritik muss erlaubt sein, ich von den Haselnüssen, in denen mein Lachs sich gewälzt haben soll, nichts mitbekommen habe.
Heute dann, sollte ja nicht so viel los sein. Wie auch, Palm Springs ist ja eine Rentner-Stadt. Heißt es. Was es nun wirklich für eine Stadt ist, kann ich nicht wirklich sagen. Sie hat Restaurants und Läden, Golf- und Country-Clubs. Damit unterscheidet sie sich nicht wirklich von den vielen Städten, die es sonst so gibt. Es ist vielleicht einen Tick gepflegter. Dafür gibt es direkt vor der Stadt Berge, Wüste und riesige Windparks. Das Hotel in dem wir sind, ist sehr charmant, was es an jedem anderen Ort aber auch wäre. Deshalb nach Palm Springs fahren? Eigentlich nicht.
Es gibt da diese Seilbahn, die sich dreht und auf einen Berg fährt, was lustig ist, wenn man merkt, dass sich nicht die Kabine selbst dreht sondern die Plattform in der Bahn. Fürs Fotografieren aber blöd, da man ständig irgendwas vor sich hat. Mit dem Coupon vom Hotel kostete der Palm Springs Aerial Tramway-Spaß zwanzig Dollar pro Nase. Wir fuhren hoch, guckten uns ein wenig um, benutzten den Restroom, sahen einem Grauhörnchen zu (ich habe jetzt den Namen mal nachgeschlagen, weil es mich interessierte – exakter kann man auch sagen: Graues Eichhörnchen. Nach einem Artikel, den ich gelesen haben, wird in Kentucky ganz gern das Hirn der possierlichen Tierchen gegessen. Sollte ich in die Ecke kommen, sollte ich die Speisekarte genau studieren.), welches in dem Restaurant der Berg-Station sich füttern ließ und schließlich mit seiner Beute abzog. Anschließend ging es wieder den Berg hinab und ab in den Joshua Tree Nationalpark.
Die zweite Schlange war etwas anders gestrickt und warf sich geradezu unter die Räder unseres Wagens. Während die erste recht geduldig liegen blieb, katapultierte sich die zweite über die Straße und damit in mein Ausweichmanöver hinein. Der Wagen nahm keinen Schaden, die Schlange war allerdings nicht mehr fotografierenswert.
Nahm dem Kaktus sagte der Herr Papa: »Ach, so ein blühender Kaktus ist doch fast so gut wie eine Schildkröte.» »Nöö«, meinte Susann neben mir. Wir mussten also noch eine Schildkröte finden. Mittlerweile gab es einen Sitzplatz-Tausch. Der Herr Papa musste auf den Kindersitz und die Frau Mama ist in die mittlere Reihe vorgerutscht. Dann kam die Schildkröte und Frau Schwiegermama und Susann stürzten sich auf die Wüsten-Molly (so hieß die Ludewigsche Schildkröte) und lichteten sich in allen möglichen Positionen an, der Herr Papa – großes Drama für unseren Haupt-Kameramann, kam aber nicht aus der hinteren Reihe heraus. Als er draußen war, war die Schildkröte schon weg. Langsam sind die Viecher ja nicht.
Für so europäische Stadt- und Dorf-Zivilisten wie uns war die Schlange ja schon ein großes Abenteuer, aber die Tour auf der Off-Road-Piste setzte dem Ganzen dann noch ein Sahnehäubchen auf. Auf eine Katastrophe, das erwähne ich aber erst jetzt, waren wir leidlich vorbereitet. Während wir bei den anderen Fahrten fast immer eine Palette Wasser mit uns führten (schon in San Francisco, eine wahrlich nicht wasserarme Gegend, kam die Frage auf: »Wann kaufen wir denn das Wasser für die Wüste?«), liefen wir bei der Fahrt ziemlich trocken. Der Weg, den wir nahmen, wurde zwar nicht im Zehn-Minuten-Takt befahren, aber umgekommen wären wir bei einer Panne wohl nicht. Aber ein wenig Thrill braucht man ja als Amateur-Hobby-Abenteurer ja wohl.Erwähnenswert noch: Wir blickten auf den San-Andreas-Graben und ich wollte immer mal schauen, ob die Amerikaner auf diesen dann eine Autobahn gebaut haben. Ich habe ja den Verdacht, dass wir später auf diesem fuhren. Bei dem Aussichtspunkt auf die bewusste Verwerfung wurde uns auch mitgeteilt, dass mitnichten Dunst Ursache der schlechten Sicht wäre, sondern dass dies die Industrie- und Autoabgase von Süd-Kalifornien wären. Es gibt einen Kaktus-Garten, den wir uns auch anschauten. Diese Kaktus-Art gab es nur an der Ecke und wir sahen sie danach nicht wieder. Definitiv langweilig ist es, in Richtung Süden den Nationalpark zu verlassen da kommt dann nämlich nichts mehr.
Wir belohnten uns, in dem wir in »Stuart‘s«-Steakhaus, Kuh-Fleisch verschlangen. Im vorderen Teil wurde getanzt. Der Herr Papa hatte dieses kulturelle Ereignis auf die Speicherkarte gebannt, ob es ein würdiger Ersatz für die Schildkröte, vermag ich nicht zu beurteilen. Später gesellte sich an unseren Tisch aber der Besitzer des Steakhauses, steinalt würde ich sagen, mit seiner Frau, die schon mal in Deutschland war. Wir waren ordentlich beeindruckt, aber der Besitzer machte es wohl immer so, dass er sich mit: »Hi, wir sind Helen und Stuart. Und wir sind die Besitzer.« an den Tischen vorstellte. Außer, er kannte die Gäste – dann wäre das ja auch doof ist. Am Nachbartisch saß eine Frau, die Geburtstag hatte – die bekam eine Kugel Eis und die dreiköpfige Belegschafts-Abordnung sang »Happy Birthday!«. Ich wollte kurze Zeit später »spontan« Susanns Geburtstag an unserem Tisch feiern, aber das wurde von ihr als peinlich abgelehnt – wegen der Öffentlichkeit und der Tatsache, dass sie noch gar nicht Geburtstag hatte. Es wollte auch keiner am Tisch mitsingen – Spielverderber.