Die falsche Spur hatte ich umsonst gelegt. Da war ich letzte Woche im Bahnhof und habe eine Verbindungsübersicht Bordesholm – Warschau ausdrucken lassen, diese unauffällig aber gut sichtbar in Susanns Arbeitszimmer platziert und was tut sie: sie ignoriert diesen Zettel auf dem Boden. Wir haben heute festgestellt, dass das, was auf dem Boden liegt, für mich interessant ist, für sie aber lästig. Somit wird mir so einiges in unserer Beziehung klarer und ich weiß, dass ich beim Platzieren falscher Spuren auf den Boden verzichten sollte.
Diese falsche Spur konnte Susann also nicht irritieren. Die Tatsache, dass ich heute morgen sie noch dazu bewegte, die gute Uhr abzulegen und ihre Sportuhr zu benutzen, die jeden Tag um 13.00 Uhr rumpiept, weil kein Mensch weiß, wie man sie ausschaltet, war schon mal ein guter Ansatz. Wir sind um sechs Uhr zehn mit fünf Minuten Verspätung aus dem Haus und um 7.00 Uhr wusste Susann, dass wir nicht vom Hamburger Flughafen fliegen würden. Um kurz nach 8.00 Uhr war dann auch klar, dass wir nicht vom Hannoveraner Flughafen starten würden und damit war dann interessant, wie ich mich kurz hinter Kassel auf der Strecke entscheiden würde.
Einen kurzen Schreck konnte ich ihr noch einjagen, in dem ich ihr den neuen Standort von Agilent in Darmstadt präsentieren wollte, der ja der alte von Varian ist, aber sie lotste mich an der Autobahnausfahrt erfolgreich vorbei, obwohl mich schon der Name des Stadtteils irgendwie reizte. Dazu werde ich mich aber an der Stelle nicht auslassen, das kann jeder, den es interessiert, im Internet nachschlagen.
Kurz vor Karlsruhe standen wir in einem kleinen Stau und da war das erste Mal zu vernehmen: »Na, da fahren wir wohl nach Frankreich.« Einwände, meinerseits, dass wir erst die Hälfte der Fahrt hinter uns hätten, wurden als nicht glaubhaft, beiseite geschoben und es wurde sich eifrig auf Frankreich gefreut. Zumindest für den heutigen Tag sollte sie Recht behalten, auch wenn sie die entscheidende Abfahrt verschlief, wie Susann heute den ganzen Tag bewies, dass der beste Ort zum Schlafen nicht das Bett sein muss, sondern man sehr bequem in einem beheizten Autositz verpennen kann. Gut, die Strecke kannte sie ja auch zu einem guten Teil und die Zeitschriften (übliches Programm: etwas über Frisuren und der obligatorische PM-Logik-Trainer, der am Anfang des Urlaubs mit einem unglaublichen Enthusiasmus bearbeitet wird, bevor er dann … aber lassen wir das).
Wir landeten in Strasbourg und die gute Nachricht war: Das Hotel ist dufte. Die Zimmer sind klein. Aber die Betten sind nicht durchgelegen, was in Frankreich durchaus eine Erwähnung wert ist, und die Zimmer sind liebevoll ausgestattet. Wir sind mehr als positiv überrascht und da wir das Positive teilen wollen: »Hotel Central«, welches seinem Namen auch noch alle Ehre macht. Wir sind innerhalb von zehn Minuten an der Kathedrale und man hat nach einer Minute eine Straßenbahn-Station erreicht, die man nicht benötigt, da alles zu Fuß zu machen geht.
Unser erster Tagungspunkt war die Kathedrale Notre Dame gewesen und die Kurzkritik zu dieser lautet: groß und schön. Detaillierter kann das jeder Kunstführer und ich muss aus einem solchen nicht abschreiben, da wir sicherheitshalber ja keinen mitgenommen haben. Der hätte ja verraten können, wo wir hinfahren und wo wir noch hinfahren werden. Das weiß Susann übrigens immer noch nicht, und so bleibt ihr nur die Freude auf das morgige Frühstück und weitere Überraschungen.
Das Abendessen haben wir ein wenig entfernt von den Touristenrestaurants eingenommen und ich will gar nicht groß über die übliche Vorspeise (Foie gras) schwärmen, sondern mich gleich auf das Hauptgericht stürzen: Entenbrust-Filet an Backpflaumen und Zimt. Nein, das war toll, auch wenn ich Zimt eigentlich gar nicht mag. Dazu mässig gedünstetes Gemüse (Möhren, Böhnchen und Kohlrabi) und frittierte Kartoffelscheibchen. Mir läuft jetzt schon wieder das Wasser im Mund zusammen, wenn ich nur dran denke. Wir hatten uns diese Speise aber verdient, schließlich haben wir das touristische Rahmenprogramm (Bootsfahrt, laufen durch die Stadt) mit Bravour gemeistert. So gönnten wir uns nicht nur einen schönen Wein dazu sondern auch eine Nachspeise. Das Sorbet naturell soll hier nur deshalb erwähnt werden, da die Birnen-Komponente wirklich herausragend war.
Wir beschlossen den Abend mit einem der teuersten und nichtssagensten Cocktails an einem der schönsten Plätze Frankreichs.