Susann hatte heute ganz früh morgens einen akuten Anfall von Optimismus: In diesem schmierte sie sich mit Sonnencreme ein. Lange hielt das nicht vor, denn sie behandelte sich anschließend noch mit Mückenspray. Wie gestern also. Und täglich grüßt das Murmeltier.
Das Wetter war heute tatsächlich sehr schön, entgegen der Voraussage und ganz im Sinne unserer Hoffnungen. Mücken haben wir heute in den Abendstunden auch gesehen, sie waren aber mehr mit dem Licht beschäftigt denn mit uns. Sicher ist aber sicher.
Was die Sicherheit angeht, hatten wir ja vorgesorgt. Wir waren ja extra in Richtung Globetrotter nach Hamburg gefahren, um uns – soll ich wirklich uns schreiben?, nun gut, wir sind verheiratet und da trage ich die Verantwortung mit – mit Afrika-Equipment zu versorgen. Beispielsweise mit Moskito-Netzen.
Unsere Afrika-erfahrenen Freund haben uns wahrscheinlich belächelt. Eine meinte sogar, dass Südafrika im afrikanischen Maßstab für Touristen so etwas wie ein Kindergarten oder Kinderspielplatz ist. Ein schöner zwar, so wie Kinder-Plätze sein sollte, aber nicht wirklich ernst zu nehmen. Ich hatte das schon verstanden, aber man muss solche Erfahrungen selbst sammeln.
Susann sammelt hier gerade die Erfahrung, dass Wasser, das aus Leitungen kommt, nicht zwingend verseucht sein muss. Wenn ich das mache, dann kommen so Bemerkungen wie: »Du wirst schon sehen, wenn Du Durchfall hast.« Grad eben hat sie es selbst erfahren müssen, was sie mit den Worten kommentierte: »Na, wir haben ja Immodium.«
Zurückkommend auf die Moskito-Netze. Wir haben zwei gekauft. Eines für die Eltern und das andere für uns. Wir haben auch Karabiner mit im Gepäck und wir haben auch Paketband für eine eventuelle Befestigung. Eigentlich besteht unser Gepäck nur aus Befestigungsmöglichkeiten für die Moskitonetze. Blöd nur, dass wir ein Spitzdach haben und uns jede Möglichkeit genommen wurde, ein Moskitonetz anzubringen. Hinzu kommt dann noch, dass es auch gar nicht nötig wäre, hier mit einem Moskitonetz herumzuhantieren, da die Fenster so was von Fort-Knox-gesichert sind, dass eine Mücke (geschweige denn ein Käfer), sich hier nur ein pürierter Form einschleichen könnte.
Käfer gibt es übrigens, dass können wir bestätigen, zur Genüge und gerade die Abendkäfer sind genauso groß wie blöd. Ich weiß nicht, wie viele sterben mussten, bis die in der natürlichen Selektion übergeblieben sind, die den Dreh raushatten, wie man aus einer stabilen Rücklage wieder in eine Fortbewegungshaltung kommt.
Aufstehen war heute um viertel vor fünf. Das war früh. Aber wir haben es geschafft und waren guter Laune. Um halb sechs Uhr standen wir gestriegelt und geschniegelt vor der Türe und konnten die ersten Aufnahmen machen. Es war schon hell. Dunkel ist es hier übrigens gegen sieben Uhr. Dann ist es aber auch recht bald dunkeldüster.
Frühstück gab es nicht, das haben wir uns selbst organisiert und Kaffee gab es auch nicht, das sorgte für lange Gesichter. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite. Ein Tipp, der völlig unabhängig vom gerade aktuellen Wetter gilt: Man nehme eine langärmelige Jacke mit. Es war ziemlich kühl, obwohl man es draußen ohne Jacke gut ausgehalten hat. Auf dem Wagen während der Fahrt war es recht frisch, um nicht zu sagen kalt.
Der Guide kam pünktlich um sechs Uhr und stellte sich vor. Gab jedem die Hand und wartete auf den Namen. Ich war von uns vieren wohl der erste, der gecheckt hatte, dass er mit »Africa« nicht seine Herkunft meinte, die ihm ja auch anzusehen war, sondern dass es sein Vorname war. Peinlich!
Ich versuche mal kurz, mich an die Tiere in der Reihenfolge des Auftretens zu erinnern: Perlhühner, Hyänen, Kudos, Nashörnern, Elefanten, Giraffen, Flusspferde, Krokodile, Löwen (allerdings weit aus der Ferne), Zebras, Adler, Büffel. Impalas gab es alle Nase lang, was den Africa zu der Bemerkung veranlasste, die gäbe es alle fünf Minuten und dafür würde er nicht anhalten. Manchmal waren sie auch ganz nett anzusehen. Im November ist hier »Schlüpfzeit«, es sind also viele Jungtiere zu sehen und die sind natürlich süß.
Man fährt manchmal fünfzehn Minuten ohne irgendetwas zu sehen, von ein paar Bäumen und Sträuchern mal abgesehen. Bäume sind häufig entwurzelt, ich vermute einmal, dass sich an denen ein Elefant oder Nashorn zu doll gerieben hat und sie dann einfach nachgeben müssen.
Elefanten haben wir in den verschiedensten Konstellation gesehen, von nah und von fern und von ganz nah. Das war dann aber nicht ganz lustig, weil sich der Bulle etwas gestört fühlte und der Fotografiererei abgeneigt gewesen war. Es fing ein kleiner Tanz zwischen uns und dem Bullen an, bei dem Africa den Wagen immer so bugsierte, dass ein Busch zwischen uns uns und dem Elefanten stand. Aber fröhlicher wurde er nicht. Irgendwann zog er dann von dann und wir sind noch ein wenig hinter gefahren.
Elefanten konnten dann auch irgendwann langweilig werden, aber als dann eine gesamte Herde die Straße kreuzte, samt der süßen Kleinen, das war schon ein Erlebnis.
Nett war nebenbei gesagt auch ein kleiner Kampf zwischen zwei Flusspferde und das Flusspferd, welches uns demonstrierte, dass es auch zu Land recht fix unterwegs sein kann. Hätte man ihm so gar nicht zugetraut und der lebende Beweis dafür, dass man Dicke ja nicht unterschätzen soll.
Manchmal verschätzt man sich arg. Ich blickte aus dem Auto, sah ein paar Büffel und dachte mir so: »Wow, zwei Büffel!« Wir fuhren näher heran, da war es eine Herde. Nicht eine Elefantenherde, wie wir sie vorher gesehen hatten, nein – ich meine eine Herde, wie sie einen Züchter hätte glücklich machen können. Mindestens fünfzig Tiere lagen dort und nur die vorderen waren aufgestanden, um uns zu begrüßen beziehungsweise anzuglotzen, was auf das Gleiche herauskam.
Eigentlich ist es gänzlich unmöglich, eine solche Safari zu beschreiben. Wer die Möglichkeit hat, sollte es wahrnehmen und zwar unbedingt. Es ist etwas ganz anderes, als mit dem eigenen Wagen herumzufahren, denn man sieht viel mehr und die Fahrer stehen in ständigem Austausch untereinander, wo sich gerade wer aufhält.
Im Camp hatten wir dann noch ein Horde von Affen, die – als ich dazu kam – gerade einen Mülleimer plünderten und sich mit Sandwich-Brot versorgten. Das mochten sie offenbar absolut gern und ließen sich dabei auch gern fotografieren. Die Affen hatten dabei nicht versagt, sondern gezeigt, dass sie ganz clever sind. Bei irgendeinem Menschen schien das mit dem Leseverständnis nicht geklappt zu haben oder er musste Probleme mit der Technik gehabt haben, denn zum einen wird hier immer wieder darauf hingewiesen, dass Tiere nicht gefüttert werden sollen und zum anderen sind die Abfalleimer so konzipiert, dass sie affensicher sind.
Nachdem wir zum Mittag schon im gleichen Stil wie gestern Abendbrot gegessen haben, haben wir uns das heute Abend erspart und selbst versorgt. Sprich: Abendbrot gegessen wie in Deutschland. Die Nachbarn in den anderen Hütten haben übrigens hauptsächlich gegrillt. Lust hätten wir auch gehabt, aber Grillkohle für einen Abend anzuschaffen schien uns dann aber ein wenig aufwändig.
Morgen geht es dann nicht ganz so früh aus den Federn. Obwohl ich den Verdacht habe, dass mir die Augen nach diesem Tag recht bald zufallen werden. Bei der Uhrzeit heißt das wiederum, dass ich morgen früher auf den Beinen sein werde, als der Wecker klingeln wird.
Susann schläft schon tief und fest. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie schon von dem nächsten Aufenthalt im Krüger-Nationalpark träumt und von den Leoparden, die wir nicht gesehen haben, und einem Kaffee, der wieder angebrüht ist und versucht das Ganze in Einklang zu bringen.
Wie gut es ihr geht, sie man übrigens daran, dass wir hier einigermaßen in der Wildnis leben und sie nicht auf die Idee gekommen ist, die Tür abzuschließen.