Die drei Wochen waren rum und nun hieß es Auffrischungsspritze. Dass es heute soweit war, wussten meine Kollegen bald schon besser als ich. Heute morgen war ich ein weniger später bei der Arbeit, Bankgeschichten halt, und als ich denn kam, wurde ich gefragt, ob ich es überlebt hätte. Na klar, meinte ich, denn an einem Bankbesuch ist nun wirklich nichts schlimmes. Wegen dem Kater, bekam ich zur Antwort. Ach so, meinte ich, das ist ja erste heute Nachmittag.
Mittags musste ich dann noch mal weg, wieder eine Bankgeschichte, und als ich wiederkam, kam wieder die Nachfrage: Und alles glatt gelaufen. Ja, klar, kein Problem. Und er hat nicht wilde Sau gespielt. Nein, dachte ich so bei mir, denn warum sollte wer bei der Bank wilde Sau spielen. Der Kater? Der ist ja erst heute nachmittag dran.
Susann hatte den Käfig geholt und ich hatte ihn bereitgestellt. Deckel auf und Susann wurde daneben gestellt. Prinzip sollte sein: »Kater rein, Deckel zu.« Der Kater wurde mit seinen Lieblings-Leckerchen angelockt und dann ging es ab in die Kiste. Ohne Probleme, besser konnte es gar nicht gehen. Er verkroch sich in dem kleinen Käfig in eine Ecke und fing an zu miauen. »Der könnte kein Wässerchen trüben«, meinte Susann. »Wenn Du wüsstest…«, meinte ich.
Auf dem Weg zum Auto heulte George noch ein wenig rum, aber im Auto war dann Ruhe. Der Verdacht liegt nahe, dass er das Fahren mit Autos mag. Vielleicht ließ ihn der Geschwindigkeitsrausch auch ruhig werden.
Das Wartezimmer der Tierärztin war voll. Was ich nicht so toll war, aber ein wenig für die Reputation der Tierärztin spricht. Alle guckten den Kater mitleidig an, auch weil er in einem offenen Käfig transportiert wurde, der nun überhaupt gar keine Privatssphäre zuließ.
Die Tierarzthelferin sah George, erinnerte sich und fragte nach, wie es uns denn ginge, und meinte damit wahrscheinlich meine Hand. Der Kater war ja unverletzt aus der Geschichte vorgegangen. Da es nur eine Auffrischungsspritze sein sollte und sie der Meinung war, dass es vielleicht sinnvoll wäre, den Kater nicht weiter zu verärgern, schleuste sie mich gleich in den Behandlungsraum. Die Tierärztin machte den Klienten, den sie gerade verarztete noch fertig, dann hörte ich schon aus dem Nebenraum: »Dann wollen wir mal gucken, was das Engelchen macht.«
George-Engelchen war total lieb, und sagte keinen Mucks, machte nicht einmal eine Anstalt, irgendwie aggressiv zu sein. Ließ sich über die Schiebewand in dem Käfig gut fixieren und die Spritze geben, und hat dabei nur einmal kurz miaut. Das war eine Vorstellung gewesen.
Tierarzthelferin und Tierärztin mussten noch einmal in den anderen Raum und da meinte die Tierärztin: »Vielleicht sollten wir ihn nochmal rausnehmen und untersuchen…« Man hörte ein trockenes Lachen und den entsetzten Aufschrei der Tierarzthelferin: »Nur das nicht!« Ein Aufschrei, dem ich mich anschloss.
Susann meinte, es könnte sein, dass die Beruhigungstablette vom letzten Mal den Kater in diese Richtung getrieben hatte. Das ist eine Möglichkeit, aber so ganz glaube ich das nicht. Hätten wir den Käfigdeckel aufgemacht und die Katze versucht rauszuholen. Wir hätten heute das gleiche Theater wieder gehabt. Er sah auch beim letzten Mal genauso friedlich aus, engelsgleich in seinem Käfig.
Erste Proteste gab es vom Kater erst, als wir wieder zu Hause waren. Da gab er durch die Tatzen am Käfigdeckel klar zu verstehen, dass er dringend herauswolle. Und verschwand dann hinter dem Aquarium. Lange hielt seine Verstimmung nicht an, denn schon fünf Minuten später, stand er wieder auf der Matte und eine Stunde später war alles vergessen und vergeben. Da mag die VIP-Behandlung bei der Tierärztin natürlich auch am Ego herumgewerkelt haben.