Atkins beeindruckte uns durch seine große Fabrik und die stattlichen Anzahl von Mobile Homes, die direkt neben der Fabrik installiert worden war. Das einzig feste Gebäude, so schien es beim Durchfahren, war die Kirche. Es folgten ein paar »bessere« Häuser, in denen der TomTom unser Ziel wähnte und dann irgendwann unser Hotel.

An diesem Atkins liefen sowohl eine Eisenbahnlinie wie auch die Interstate 81 entlang und in der Mitte lagen die Fabrik, die Häuser und das Hotel. Der Streifen dazwischen war nicht besonders groß. So konnten wir gut die Autobahn hören und ich habe mitgezählt wie ein Zug mit vier Loks 50 Güterwaggons zog. Ich dachte ja immer, dass man es in den Staaten nicht so mit Zügen hat. Auf dieser Zuglinie, das weiß ich jetzt, ist das ein wenig anders.

Wir kamen eigentlich aus dem nordöstlich gelegenen Wytheville, welches, wenn man es sich auf der Straße anschaut, komplett im rechten Winkel angelegt worden ist. Die Stadt sieht aus, als würde sie aus einer Reihe von Quadraten und Rechtecken bestehen. Da gehört schon ein gehöriger Ordnungssinn zu, so exakt eine Stadt zu designen. Das was wir bei der Durchfahrt gesehen haben, sah übrigens gar nicht so schlecht aus und ich hätte die Nacht dort gern verbracht. Dort hätte es sicher mehr zum Gucken gegeben als eine Interstate und eine Bahnlinie.

Von Wytheville aus waren wir vorgestern exakt in die falsche Richtung gefahren. In der anderen Richtung lagen die anderen Hotels und man hätte keine zwanzig Meilen fahren müssen. Aber das Hotelzimmer war gut und so gibt es keinen Grund, weiter rumzumeckern. (Da es in dem Hotel die Grits zum Frühstück als Instant-Päckchen zum Selber-Warmmachen gab, hatte ich an jenem Morgen die Hoffnung, zu erfahren, woraus sie bestehen. Jetzt, wo ich lese, dass es aus Mais besteht, erinnere ich mich dunkel, dass mir so etwas schon mal in Atlanta über den Weg gelaufen ist.)

Da ich noch am Aufarbeiten von »altem Krams« bin, hier noch ein paar Punkte, die zumindest ich erwähnenswert finde…

Hänsel und Gretel

Ich hatte ganz vergessen zu erzählen, dass sich Susann am Anfang dieses Wegen zu den Douglas Falls Gedanken über den Appalachen Trail machte. Von dem hatten wir nicht nur in dem Reiseführer gelesen, sondern gleich ein ganzes Buch. Das geniale »Picknick mit Bären« von Bill Bryson beflügtelt nicht nur was Bären angeht immer wieder unsere Fantasie. So meinte Susann, dass es eine gute Idee wäre, bei der nächsten Reise, den Appalachen Trail zu bewandern. Andere Leute haben das ja auch getan und sogar aufgeschrieben, was man dabei beachten soll. Es ist schon beruhigend zu erfahren, dass man nur Lebensmittel für zwei bis drei Tage mitnehmen muss. Allerdings war dort nicht herauszulesen, dass der Appalachen Trail von Outlet Stores und anderen Malls gesäumt ist, womit das Interesse bei Susann wieder etwas zurückgehen dürfte.

Abfahrt vom Parkway

Wir waren vom Parkway abgefahren (noch in North Carolina) und hatten und in Richtung Virginia begeben. Kaum waren wir abgefahren, da fuhren wir an einem großen Schild vorbei, auf dem stand »Merry Christmas«. Es sollte nicht das Einzige bleiben, denn wir waren in der Weihnachtsbaum-Aufpäppel-Gegend der USA gekommen. Überall Weihnachtsbäume, Weihnachtsbäume und nochmals Weihnachtsbäume. Die Gegend zog sich bis Virginia hoch. Die Gegend auf Landstraßen zu befahren, ist übrigens eine gute Idee gewesen, denn sie ist trotz der Weihnachtsbaum-Plantagen sehr schön.

Sicherheit

Ich finde es hier total sicher. Susann nicht unbedingt. Sie kommt in ein Hotelzimmer und *zack* wurden alle Sicherheitsriegel vorgeschoben. Muss man noch mal kurz raus, weil man im Auto irgendwas vergessen hat, muss man die ganzen Riegel erst mal finden und wieder entsichern. Wenn ich dann vor mich hingrummel, hört man aus irgendeiner Richtung ein Kichern von Susann. Bisher habe ich keinen Grund gefunden, irgendwie besorgt zu sein. An keiner Stelle. Vielleicht hat man solch eine Einstellung, wenn man erstmal in einem Land wie Südafrika gewesen ist…

… und nun zurück zu dem gestrigen Geschehen

An der Autobahn gab es ein Outlet Store. Unser TomTom schickte uns von der Ausfahrt gesehen in die falsche Richtung. Hätte er uns nach links geschickt statt nach rechts, hätten wir dieses Outlet Store auf Anhieb gefunden. Als wir dann erstmal da waren, war es eine kleine Enttäuschung. Es gab zwar einen einen Marc O’Polo-Shop, der auch recht groß war, und einen Reebok-Shop, aber dann war mein Interesse schon erledigt. Susann fand großen Gefallen an einem Geschäft, welches sich der Damenunterwäsche verschrieben hatte, welches ich aber nach kurzer Inspektion der vorhanden Ware verließ. Dank der prächtigen Beratung vor Ort, brauchte Susann mich nicht. Andere Geschäfte gab es nicht zu betrachten, denn die Mall war so schlecht vermietet, dass es dort neben einem weiteren Bekleidungsgeschäft für ältere Herrschaften und einem Küchengeräte-Geschäft (in welchem es einen Senioren-Dienstag gab, an dem es 10 Prozent Extra-Rabatt gab, und man als Senior schon mit 55 galt) ein Fitness-Studio und eine Friseur gab. Es war heiß und feucht und ich saß draußen auf einer Bank. In der Zeit, in der ich auf der Bank saß und wartete, sah ich eine Frau zum Friseur gehen und wieder herauskommen. Mir wurde Angst und Bange.

Natural BridgeVon dem Mini-Outlet Store ging es dann Richtung Roanoke. Wir wollten die Natural Bridge besuchen. Vom Blue Ridge Parkway verwöhnt, wo man alle Attraktionen umsonst bestaunen konnte (ausgenommen Museen), war ich hier erst einmal geschockt. Es wurden nämlich gleichzeitig ein Dinosaurier- und Spielzeug-Museum, ein Wachsfigurenkabinett und ein Zoo angepriesen. Alles in unmittelbarer Umgebung. Es gab zahlreiche Hotels und Restaurants. Es gab sogar einen Shuttle zu der Bridge. Luxus, auf den man im Nationalpark verzichten muss. Dafür zahlt man aber auch keine 12 Dollar als Erwachsener.

Ich habe hier meinen ersten echten Indianer gesehen. Sah ganz anders aus als Winnetou.

Nun besteht die Natural Bridge nicht nur aus der natürlichen Bridge, wie man auf dem Foto sieht, sondern auch noch aus einem Wasserfall, der recht schön war. George Washington soll seine Initialen in die Wand eingeritzt haben. Bevor man durch die Brücke durchschreitet gibt es noch eine Warnung, auf der geschrieben steht, dass dieses Teil schon recht alt wäre und deshalb hin und wieder was abfallen könnte. Wenn man weiß, dass die Bibel-Gläubigen und Kreationisten in den USA recht stark vertreten sind (und diese der Meinung sind, dass die Erde etwa 6000 Jahre alt ist (siehe auf der Seite weiter unten) – ich bin ja eher ein Anhänger der Fliegenden Spaghetti-Monster), dürfte die Behauptung, die Bridge könnte von 100 Millionen Jahren entstanden sein, ein Affront sein. Es war aber sehr schön dort. Ich mag mir aber nicht vorstellen, was dort in Ferienzeiten los ist.

Unser TomTom ist ein ganz penibler, manchmal muss man dazu sagen. Man kann die Natural Bridge über die US11 erreichen. Soweit so klar. Was aber, wenn man angegeben hat, dass man Autobahnen meiden will, die US11 sich aber teilweise mit einer Interstate vereint? Genau, dann wird man über Wege geleitet, von denen man nicht glaubt, dass sie ein Tourist wirklich sehen sollte. Ich habe also keine Sorge, dass die Entwickler einer solchen Navigationssoftware in den nächsten Jahren arbeitslos werden. Eine Option wäre zum Beispiel: »Autobahnen meiden, wenn sie nicht gerade auch Bundesstraße sind«. Nett ist ja auch die Option, mautpflichtige Straßen zu vermeiden. Das ist manchmal recht schwierig. Meiden will man sie meist, wenn es sich um lange Strecken handelt und man akzeptabel auch über andere Routen fahren kann. Bei unserer Fahrt von Toronto Richtung Lake Michigan wurde aus einer Route von etwa 670 Kilometern (sieben bis acht Stunden Reisezeit) bei der Vermeidung von kostenpflichtigen Straßen plötzlich 1800 Kilometer mit einer Reisezeit von 22 Stunden. Warum? Weil es zwischen Kanada und den USA eine mautpflichtige Brücke gibt, die man für einen Dollar passieren kann. Da ist der errechnete Umweg nicht unbedingt sinnvoll.

Aufgrund dieser TomTom-Maßnahme kamen wir dann aber wieder auf den Blue Ridge Parkway. Einmal auf dem Hinweg und einmal auf dem Rückweg. Wir landeten schließlich am Westlake. Die Nacht im Nirgendwo hatten wir ja recht günstig verbracht. Hier ist uns das ganze Gegenteil gelungen. In dem Hotel auf einer Landzunge haben wir Ausblick auf gleich zwei Wasserseiten. Es versteht sich, dass jede Seite bezahlt werden muss. So wird dieser zweinächtige Aufenthalt hier ein ordentlichen Loch in unser Budget reißen. Das Abendessen gestern abend war aber recht günstig, und heute abend geht es entweder zu Subway oder zu einem Pizzaladen.

Größere Ausflüge sind nicht geplant, denn es regnet. Nein, es gießt. Wäre für Wanderungen (hahaha) natürlich nicht so schlimm, aber ich habe meine Jacke ja im Auto in Charlotte liegen lassen und bisher keinen Ersatz. Einkaufsmall gibt es hier auch nicht. Dafür haben wir ja noch eine Woche Zeit. Leider wird es so auch nichts mit dem Bootsausflug, den ich mir hier eigentlich gestern so gedacht habe, und Action-Fotos à la Miami Vice. So könne wir heute hier teuer abhängen…