Wir wären so oder so in Paris gewesen. Und so habe ich die heftige Überlegung, in welchen Blog ich denn nun die Paris-Reise stopfe, unterbrochen und mich für meinen allgemeinen Blog entschieden, in dem ja hin und wieder auch mal Hinweise auf Simenon auftauchen. Also jetzt geht’s los. Was ist vor anderthalb Wochen in Paris passiert? Wir haben uns Regine Zweifel angeschlossen, und uns durch Paris führen lassen.

Aufmerksame Leser dieser Seiten werden vielleicht darüber stolpern und sich sagen: »Hey, das haben die doch schon mal gemacht! Warum die Wiederholung?« Wie gesagt, die Paris-Reise war sowieso geplant und eine gute Führerin zu haben, kann in Paris nicht schaden. Die Gefahr ist immer groß, dass man sich nur an altbekannten Orten wie Notre Dame, Montmartre, Triumphbogen, Eiffelturm und dem Louvre herumtreibt. Wo man jede Menge Leute trifft, hauptsächlich Touristen.

Ich gebe zu, dass ich anfangs die Befürchtung hatte, es würde wieder die gleiche Tour werden und wir altbekannte Stätten ablaufen. Dem hätte ich zumindest Eines abgewinnen können: Wir kommen in Bewegung für unseren Mai-Trip, was uns trainingsmäßig nicht schaden kann. Aber, große Überraschung, wir haben nur drei Orte in den vier Tagen gesehen, die wir bei der letzten Tour schon gesehen hatten.

Wir haben uns den Luxus einen Fluges gegönnt. Wobei Luxus natürlich leicht geschönt ist. Wir waren von Haustür zu Haustür etwa sechs Stunden unterwegs. Mit dem Auto wäre es mehr als doppelte an Zeit gewesen und mit dem Zug hätten wir uns dumm und dämlich gezahlt. Wer in der Nähe von Köln wohnt, kann zwar auf nette Sonderangebote des Thalys zurückgreifen, aber wir müssen erst einmal ein halbes Vermögen bezahlen, um zu Thalys zu kommen. War also keine Alternative. Ein Hin- und Rückflug von Hamburg nach Paris hatte etwa 120 Euro gekostet. Das Parkhaus in Hamburg wäre fast teurer gekommen.

Wir sind, gut organisiert, wieder im Alhambra untergekommen. Für ein Zwei-Sterne-Hotel sehr anständig und wir wurden für unseren zweiten Aufenthalt mit einem riesigen Zimmer belohnt, welches für pariserische Verhältnisse gerade zu einem Saal in Versailles ähnelte (wo wir übrigens diesmal nicht waren, ein anderes Schloss stand aber zur Disposition, wurde aber auch nicht realisiert). Wir ruhten erst einmal ab, und fanden uns zu halb neun Uhr im Empfangssaal des Hotels ein, wo wir mit Frau Zweifel verabredet waren. Die war nicht da, dafür der dritte Tour-Teilnehmer. Gleichzeitig trafen SMS-Nachrichten von unserer Reiseführerin ein, die uns mitteilte, dass ihr Flieger ordentlich Verspätung gehabt hatte.

Wir sollte doch schon mal ins »Au tour normand« begeben, dass sich in unmittelbarer Nähe befand. Wir warteten dort (9, rue J.P. Timbaud) ein Weilchen, bis uns die SMS erreichte, wir mögen doch bitte schon mit dem Essen anfangen. Das Restaurant ist klein und hat auch eine recht kleine Karte. Das Ambiente ist rustikal und die Bedienung ist locker, witzig und sehr nett. Das Essen ist sehr schmackhaft, man kann mit keinem Gericht was falsch machen und meine persönliche Empfehlung ist die Ente in Honig-Soße. Die Preise sind übrigens, natürlich immer unter Pariser Gesichtspunkten betrachtet, nicht abgehoben.

Freitag

Am nächsten Morgen starteten wir mit einem kleinen Spaziergang zum Boulevard Richard Lenoir, um das Haus von Maigret zu betrachten. Hier gab es eine Einweisung in den Kosmos von Maigret, mir wohlvertraut, aber ich höre es mir immer wieder gern an. Mit dem Bus fuhren wir (ja, laufen sollten wir die Tage noch genug), zum Place des Vosges. Dort hatten wir das Glück, in den Hinterhof des Hauses »eindringen« zu können, in dem Simenon in den 20er Jahren eine Weile gelebt hatte.

Durch das Marais ging es geradewegs in die Wunderhöfe, in denen Blinde wieder Sehen lernten, Taubstumme wieder zu reden begangen – hier zogen sich die Bettler in der Nacht zurück. Auf den Weg durch die Straßen des Viertel trafen wir auch auf das Ladenlokal einer Gesellschaft, die sich mit der Geschichte von Paris auseinandersetzte und konnte das unterirdische Gewölbe des alten Hauses begutachten. Ich weiß nicht, ob ich dort unter normalen Umständen hineingegangen wäre. Nun, ich hätte etwas verpasst. Ausgeruht haben wir uns in der Mittagspause in dem Restaurant »L’impasse«, in dem sich ein Maigret-Simenon-Gedenkschild befindet.

Der Nachmittag führte uns zur Santé, einen der Ort, den man als Tourist üblicherweise nicht besucht. Überhaupt hat man nicht das Gefühl, dass dies ein Ort wäre, an dem man sich gern aufhalten würde. Es ist recht unüblich, und so wurden wir von den Gendarmen auf Patrouille auch recht argwöhnisch betrachtet.

Auf den Schreck haben wir erst einmal das »Coupole« heimgesucht, aber nur an der Bar gesessen. Ein Schreck hat den nächsten abgelöst – zumindest, nachdem man die Rechnung betrachtet hat.

Am Abend hatten wir das Vergnügen im »Bouillon Chartier« zu speisen, eine Erfahrung, die ich jedem Paris-Touristen nur ans Herz legen kann. Vielleicht ist es eine schlechte Idee dort an einem Karfreitag ohne Reservierung »aufzuschlagen«, denn die Schlange vor dem Restaurant war sehr beachtlich. Wir standen wohl als Fünfer-Trupp etwa eine halbe Stunde an. Als ich das Restaurant betrat, hatte ich das Gefühl fünfundzwanzig Jahre zurück versetzt zu sein, so sehr erinnerte mich das Treiben an ein FDGB-Ferienheim. Die Kellner in dem Restaurant werden nach Umsatz bezahlt, und so geht auch alles sehr flott vor sich. Kein Kellner lässt dem Gast große Zeit zum Nachdenken, was man wohl speisen möchte. Das Essen ist gutbürgerlich und man sollte einen Blick auf den Schrank am Ausgang halten, in denen früher Stammgäste ihre Servietten und ihr Besteck unterbringen konnten.

Sonnabend

Der Sonnabend begrüßte uns mit etwas trüben Wetter, aber gegen Mittag klarte das Wetter auf. Man konnte Eis bei »Berthillon« gegessen, das Casis-Sorbet ist ein Traum. Aber natürlich sahen wir auch etwas von der Stadt. Vom Quai des Orfèvres ging es über die Place Dauphine auf die Ile Saint-Louis. Zu der frühen Stunde hatte man noch seine Ruhe und konnte beruhigt sein Eis schlecken. Es hatte zwar irgendwo auf der Insel gebrannt, aber das Aufgebot an Polizei und Feuerwehr sorgte nur dafür, dass weniger Autoverkehr auf der Insel war.

Von dort aus ging es in Richtung Bercy. Dieser Stadtteil sagte mir aus zwei Gründen etwas: Zum Einen gibt es die Erzählung »Maigret und der Weinhändler«, und dieser Merchand hatte seine Lager in Bercy. Zum Anderen gibt es diverse Titel von französischen Künstlern, die ihre Live-Auftritte in Bercy absolvieren und deshalb diesen Namen mit im Albumtitel tragen. Uns trieb natürlich der erstere Grund nach Bercy. Von den Lagern ist in einem Viertel noch etwas zu sehen, das als Einkaufs- und Restaurantviertel zu betrachten ist. Die Wege tragen die Namen berühmter französischer Weine. Sehr nett ist auch der Park, der sich an das Viertel anschloss.

Von dort aus führte uns in die andere Ecke von Paris. An der Madeleine durften wir eine schöne Jugendstil-Toilette bewundern. Sehr reinlich, und nicht nur zum Angucken empfohlen. Von dort aus ging es Richtung Place des Ternes, auch immer wieder Schauplatz in Simenonschen Romane. Ansonsten standen noch schöne Parks, prächtige Villen und Rue Fortuny (auch »Maigret und der Weinhändler«) auf dem Programm.

In Richtung abend machten wir uns auf den Weg zum Montmartre, wo wir, nachdem wir gut im »Le Poulbot« (3, rue Poulbot) gespeist hatten, noch den leuchtenden Eiffelturm aus der Ferne beobachteten.

Sonntag

Den Sonntag gingen wir ganz ruhig an, der am Nachmittag traf sich das Grüppchen an der Pont Neuf, bevor wir uns durch die Straßen und Gassen von St. Germain schlengelten, Regenschirmläden begutachteten und die Vorlage des »Café des Ministeres« betrachteten und uns dann die Menschenmassen am Eiffelturm anschauten, bevor wir mit einem Dampfer auf der Seine Richtung Botanischer Garten schipperten, an den zahlreichen Pariser Sehenswürdigkeiten vorbei. Der offizielle Teil des Abends wurde in der Rue Mouffetard beschlossen. Natürlich ist von dem Flair, dass die Straßen zu Zeiten des kleinen Heiligen ausgestrahlt haben muss nichts mehr übrig, zum Glück für die Bewohner, versteht sich.

Montag

Der offizielle Tour war damit vorbei, aber einen kleinen Bonus bot uns Frau Zweifel noch für den Montag vormittag: Belleville. Vielen gar kein Begriff, mir nur aus der Literatur von Daniel Pennac. Aber an diesem Vormittag sollten wir Gelegenheit bekommen, das Stadtviertel mit seinen zwei Seiten kennenzulernen. Einst ein schöner Ort, dann ein Arbeiterviertel, eingemeindet, dann mit Wohnsilos verschandelt ist der Stadtteil von Paris wieder im Kommen. Es gibt wirklich nette Ecken in Belleville, man muss sie nur finden, und es gibt schöne Aussichten auf die Stadt, die nicht überlaufen sind. Spazieren sie einfach mal durch den Stadtteil oder lassen Sie sich von Frau Zweifel führen.

Nach einem abschließenden Mittagessen im offiziellen Tour-Restaurant »Au trou normand« (s.o.) wurde die Tour beschlossen und jeder der Tour-Teilnehmer brach in die Heimat auf, mit mehr oder weniger schweren Herzen.