Terra Gallus

Linz

Immer noch Österreich. Diese Woche war ein Reinfall, wenn man es wettertechnisch betrachtet. Statt Frühling gab es plötzlich Winter und Linz hatte insofern Glück, als dass es kein heftigen Schneefall gab. Sonst gab es in dieser Woche so gut wie alles: Regen, leichten Schneefall, Hagel und auch ein wenig Sonne. Die Sonne natürlich freitags, am Abreisetag.

Da ich nächste Woche aber auch noch hier bin, habe ich Chancen, auch da ein wenig Sonne zu sehen. Ich war sowieso überrascht, denn wenn man ziellos durch die Stadt geht, findet man sie nicht besonders schön. Allerdings habe ich die letzten beiden Tage Ecken von Linz gesehen, die mir wirklich gefallen hat. Linz hat eine schöne Altstadt, die um neunzehn Uhr an einem Märztag durchquert, ziemlich leer wirkt. Jede Menge Kneipen, Bars und Rotlichtclubs. Leider war kein Mensch zu sehen. Bei richtig schönem Wetter und wenn es später dunkel wird, mag das anders aussehen. Wenn man mal die Rotlicht-Etablissements außen vor lässt.

Linz hat einen alten und einen neuen Dom. Das muss man sich erst einmal leisten können! Ist schließlich nicht so, dass Linz riesig groß ist, dass Dom-Besucher riesige Wege fahren müssten, um ihren Dom zu erreichen. Die Beweggründe des verantwortlichen Geistlichen kann man sicher der Geschichtsliteratur entnehmen und vermutlich (wirklich nur vermutlich) wird ein wichtiger Beweggrund gewesen sein, dass es immer gut sei, den Herren zu preisen. Grund genug zumindest. Den Neuen Dom habe ich mir gestern mal angeschaut. Denn er stand mir im Weg.

Wirklich, auf dem Weg von der Innenstadt zu meinem Hotel stand dieser Dom plötzlich in meinem Weg. Ich hätte außen rum gehen können, das wäre wohl möglich gewesen, aber es schien mir ein Umweg zu sein. Deshalb dachte ich mir, dass es – auch kulturell und bildungsbürgertummäßig – keine schlechte Idee sei, mal in den Dom zu gehen. Dunkel und kalt, so möchte ich meinen Eindruck zusammenfassen. Vielleicht bekommt man einen anderen Eindruck, so man die Gelegenheit hat, an einem warmen und sonnigen Tag in den Dom zu gehen, aber an dem gestrigen Märztage war er einfach nur dunkel und kalt. Der Dom wurde in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts begonnen und in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts fertiggestellt (1924, wenn ich mich nicht täusche), also eine beachtliche Bauzeit von fast vierzig Jahren). Kölner Baumeister waren auch daran beteiligt. So gibt es bei den Glasfenstern eine eigenartige Mischung aus verschiedenen Stilen. Man findet die klassischen Motive und ich habe Motive gesehen, die mich an die Amöben-Karikaturen von Gary Larson erinnerten. Mich wundert es sehr, dass noch kein Kulturstürmer auf die Idee gekommen ist, in diese Fenster – die mir überhaupt nichts sagten, aber ich bin auch nicht das Zielpublikum der Kirche – Steine zu werfen. Hätte ich einen Guide gehabt, darf man das Wort Führer in Österreich verwenden? (nein, ich meine es nicht so!), so wäre mir die Bedeutung dieser modernen Glasfenster sicher bis in das kleinste Detail erklärt worden.

Was ich dann letztlich wirklich interessant fand: Nicht nur mir steht der Neue Dom zu Linz im Weg. Wie sonst sind die Schilder zu erklären, die in der Kirche stehen, und darum bitten, während des Gottesdienstes die Kirche nicht als Durchgang zu benutzen. Aha, zu anderen Zeiten ist’s also schon recht?

Auf meiner Mineralwasserflasche steht: »Die Flasche steht unter Druck,« (gut, dass kann man sich bei Mineralwasser denken, zumindest als Europäer) und es geht weiter: »seine Sie lieb zu ihr.« Ich bin überzeugt, dass man das auf einer deutschen Mineralwasserflasche so nie lesen wird.

Hier in Linz habe ich kein einziges Mal Gelegenheit gehabt, österreichische Küche zu probieren. Da bin ich immer woanders gelandet. Man könnte die vergangene Woche als meine »scharfe Woche« bezeichnen. Dies weniger wegen der Nachtclubs, die habe ich gemieden, da es der Spesensatz für Österreich nicht her gibt, sondern weil es mich immer wieder zu den Asiaten getrieben hat. Der Chinese an der Landstraße, »Lotus« genannt, hat mich nicht so vom Hocker gehauen. Der Inder, in der Altstadt an der Donau (schreibt man’s Tadj Mahal?), hatte leider Defizite in der Atmosphäre. Das mochte an den niedrigen Decken und dem Altstadt-Flair liegen, kann aber auch sein, dass es mir einfach zu verraucht gewesen war. Obwohl ich direkt nicht mit Rauch zu tun hatte. Das Essen war scharf, verdammt scharf dafür, dass die Schärfe ohne Ankündigung kam. Ein Unterschied war auch der, dass in Deutschland gern Soßen zu den indischen Gerichten gereicht werden. Die habe ich diesmal vermisst. Dafür gab es, neu für mich und sehr lecker, das Gemüse am Spieß und ein Salat mit Joghurt. Der Hit, den ich gleich zweimal besucht habe, war allerdings »Tom Yam« (J.-Konrad-Vogel-Straße), die mit wirklich sehr schmackhaften Essen aufwarteten. Über die gewünschte Schärfe der Speisen wurde man beim Bestellen befragt und die Speisekarte gab über Symbole ebenfalls Aufschluss darüber. Beim zweiten Mal war ich ein wenig enttäuscht, da die Beleuchtung nicht richtig funktionierte (die Lampen an meinem Tisch flackerten ziemlich unregelmäßig), allerdings bekam ich mit, dass sie schon dabei waren, das technische Problem zu lösen, was mich dann zufriedenstellte. (Ich finde, es muss nicht immer alles gleich erledigt werden, aber wenn ich sehe, dass jemand an dem Thema »dran« ist, dann bin ich schon beruhigt.)

Linz ist die Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2009. Wenn ich die Presse hier so lese, scheint man sich schon drauf zu freuen.

Die Bedeutung eines solches Ereignisses kann ich gar nicht einschätzen. Zwar kenne ich ein paar Städte, die schon Kulturhauptstadt waren (Lille beispielsweise), aber ich bin nie in eine solche Stadt gefahren und habe mir gedacht: »Hey, ich fahre in die Kulturhauptstadt!«. Wird wahrscheinlich der Stadt einen ordentlichen Schub geben, aber nicht gerade so, dass sie den Flughafen ausbauen müssen. (Womit mir ja wirklich mal eine elegante Überleitung gelungen wäre…) Denn, der Flughafen von Kiel ist wirklich nett. Ich hatte schon die Befürchtung, das Sicherheitspersonal stirbt an Langeweile, denn gegen zwölf Uhr Mittags war ich heute der einzige Passagier weit und breit. Man war sogar so nett, und ließ mich mit dem Gürtel durchgehen zu lassen. (»Wenn er anschlägt, müssen’s halt noch mal durch.«, einen Spruch, den man in Frankfurt (M) wo wohl nie hören wird.) Aber die Flughafen-Leitung scheint nett zu sein und schickt hin und wieder Führungen mit zwanzig halbwüchsigen Burschen in den Flughafen, damit die Langeweile nicht allzugroß ist. (Was ich mir wiederum in Frankfurt (M) auch nicht vorstellen kann.) So sei ihnen auch verziehen, dass sie mich erst in die Business-Class mit der Aussicht auf eine richtige Mahlzeit setzen, mir dann aber bei der Kontrolle vor dem Einsteigen einen Platz in der vorletzten Reihe zugewiesen, womit ich zwar nicht an den Propellern saß, dafür bei dieser Mini-Düsenmaschine das Maximum an Lärm mitbekam. Aber diese Business-Fluglinie, mit der ich flog (Austrian Arrows) hat ganz nette Sandwich-Boxen, dass muss ich ja sagen. Ich bin ja heilfroh, wenn ich überhaupt noch was bekomme. Aber eine Essensbox mit integrierter Postkarte, sowas habe ich nun auch noch nicht gesehen. Einer Postkarte wohlgemerkt, für die die Fluggesellschaft auch noch das Porto übernehmen will. Na, nächste Woche bin ich wieder mit der Linie unterwegs, da werde ich Stift und die passenden Adressen parat haben.

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