Das Muster ist immer das Gleiche, allerdings ist es ein unterhaltsames Muster. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Hiaasen sein Schwarz-Weiß-Schema bewusst überzeichnet. Wäre Hiaasen im selben Metier wie Clancy, so würde er eine Korrektur dessen sein. Es gibt Gute und es gibt Böse. Und einen, der irgendwie mittendrin steht und von einem Ufer zum anderen wandelt. Sein jüngst hierzulande erschienener Roman »Der Reinfall« ist da keine Ausnahme.
Dieses Schema kann recht langweilig sein, weshalb ich auch keine Clancy-Romane mehr lese. Hiaasen schafft es aber, dieses Muster mit witzigen Ideen zu verbinden. Er lässt die Akteure in aberwitzige Situationen stolpern, aus denen sie sich – je nach Position der Person in der Gut-/Böse-Skala – mehr oder weniger elegant entwinden.
Joey Perrone könnte es so schön haben: Hätte sie beispielsweise einen Mann, der sie liebt, ginge es ihr sicher sehr viel besser. Gut, sie hatte ihm klargemacht, dass sie reich ist. Aber sie hatte auf Gütertrennung bestanden. Vielleicht hatte ihr Mann – Chaz – sich Hoffnung gemacht, dass sie ihre Meinung noch einmal ändern würde. Aber das war eine Hoffnung, die er bald begrub. Ihm war klar, er müsste arbeiten, um ein angenehmes Leben führen zu können. Joey hätte an der Stelle eingewandt: »Zu Recht, schließlich arbeite ich auch.« So war es auch.
Chaz dagegen hatte sich eine Arbeit gesucht, die ihm keinen Spaß machte, Geld brachte und bei der er korrumpierbar war. Da er seinen Job als Umweltkontrolleur hasste, hatte er sich eine Sponsor gesucht: Chaz überwachte das Gebiet mit lockerem Auge, sein Sponsor bescherrte ihm dafür Zusatzeinnahmen.
Blöd war nur, dass er das Gefühl hatte, dass Joey hinter seine Masche gekommen war. So ergab es sich, dass er seine Frau an ihrem gemeinsamen zweiten Hochzeitstag über die Reeling eines Hochseedampfers warf.
Zwei Faktoren hatte der studierte Trottel allerdings nicht berücksichtigt: Zum Einen, dass seine Frau am College in der Schwimm-Mannschaft gewesen war. Und zum Anderen, dass der Golfstrom eine andere Richtung, als er es annahm.
Die Leiche von Joey wurde nicht gefunden, sie konnte sich retten. Auf der kleinen Insel von Mick Stranaham konnte sie sich erholen und wurde von dem Ex-Polizisten gehegt und gepflegt. Er hätte es gern gehabt, wenn sie mit ihrer Geschichte zur Polizei gegangen wäre. Joey, eigentlich eine ganz Liebe, hatte andere Pläne: Sie wollte ihrem Mann das Leben zur Hölle machen. Ihr gelingt es, Stranaham als Partner zu gewinnen. Und so geht es ganz langsam los: Da wäre natürlich das Motiv, welches bei Chaz nicht zu finden war. Er schien glücklich verheiratet und konnte in den Augen der Polizei durch den Tod seiner Frau nichts gewinnen. Wenn plötzlich ein Testament auftaucht, in dem er als Hauptbegünstigter steht, dann sähe es natürlich ganz anders aus. Es versteht sich, dass Chaz einerseits zufrieden war, ob des Geldes, dass ihn erwarten sollte. Andererseits war er natürlich sehr verunsichert, denn das Testament katapultierte ihn zum Verdächtigen Nummer 1.
Und ob das nicht schon genug des Elends wäre, muss auch noch ein Erpresser auftauchen, der eine Aufnahme des Mordes vorweisen kann. Chaz kommt wirklich in die Bredouille.
Wer noch keinen Hiaasen gelesen hat, der findet mit diesem Buch eine gute Unterhaltung. Wer schon einiges von dem Autoren gelesen hatte, sollte sich gut überlegen, ob er diese Masche nochmals lesen sollte. Wer Tom Sharpe noch nicht gelesen hat, der sollte den Hiaasen erst einmal liegen lassen, und Sharpe lesen. Hiaasen kann warten.