Komisch ist das schon: da nehmen sich eine Reihe von Leute Urlaub und reisen nach München, um da an einer Meisterschaft teilzunehmen, für den der Rest der Welt nur ein Lächeln über hat. Die meisten Leute, die man dazu befragen würde, täten mit dem Kopf schütteln und das die ganze Veranstaltung als kindisches Getue bezeichnen. Die Rede ist von Luftgitarristen. Eines ist schon einmal klar: die Männer, und es sind hauptsächlich Männer, die sich in dieser Disziplin üben und zeigen, können mit dieser Kunst keine Frau belächeln. Martin Heuer weiß das, aber es hält ihn nicht ab.
Von seiner Könnerschaft wussten seine Kollegen nichts bis zu dem Tag, da er ihn offenbarte, dass er an dieser Meisterschaft teilnehmen wolle. Von seiner Meisterschaft in dieser Kunstform wusste kaum jemand was, bis man sah, dass er es in das Finale schaffte. Dann begann die Malaise: der Rivale von Martin Heuer verschwand und dieses Verschwinden wurde zu einem Fall von Martins Kollegen.
Martin Heuer arbeitete als Kommissar auf dem Vermisstenkommissariat in München und war ein Kollege von Tabor Süden. Auch dieser hatte anfangs nur ein müdes Lächeln für das Verhalten Heuers über, aber da Martin sein Freund war, ging er immer zu den abendlichen Meisterschaftsveranstaltungen und sah zu, wie sein Freund und Kollege so tat, als würde er Musik »produzieren«. Der Fall des verschwundenen Luftgitarristen war, das musste sich Süden eingestehen, allerdings viel spannender.
Edward Loos war Architekt und arbeitete in Erfurt. Nach einigen Nachforschungen bekam man heraus, dass er Teilhaber einer Firma war und seine Teilhaber auf Loos nicht gut zu sprechen waren. Zum einen war Loos jemand, der seine eigenen Projekte verfolgte und diese Projekte passten nicht mehr zu den Vorhaben seiner beiden Kompagnons und zum anderen hatte sich Loos in einer kritischen Phase frei genommen, in der wichtige Entscheidungen für die Firma anstanden. Die beiden Teilhaber machen keinen Hehl daraus, dass sie froh wären, wenn Loos aus der Gemeinschaft aussteigen würde, ein endgültiges Verschwinden wäre gleichbedeutend. Niemand in der Firma wusste, mit was sich Loos die Zeit vertrieb und selbst als sie es erfuhren, konnten sie sich für die Meisterschaft nicht begeistern, sahen keinen entschuldbaren Grund für den Urlaub von Loos. Für die Kommissare waren die Informationen recht wichtig, um die Natur des Verschwundenen zu erforschen, weiter brachten sie die Informationen nicht – es war nicht anzunehmen, dass die beiden anderen Teilhaber an dem gemeinsamen Architektenbüro Loos verschwinden lassen würden. So zermürbt war das Verhältnis dann doch nicht.
Aber eine andere Spur erwies sich als ganz interessant. Loos hatte einen jüngeren Bruder, mit dem er während der Meisterschaft verabredet war. Er hatte davon erzählt, aber niemand hatte diese Information wirklich aufgenommen. Man war in einem Luftgitarrenwettbewerb, da interessierten persönliche Dinge nur am Rande. Diese Information, die von den Vermisstenkommissaren aufgelesen wurde, sagte, dass dieser jüngere Bruder ein hoffnungsvolles Fussballtalent gewesen wäre, welches einen Vertrag beim F.C. Bayern gehabt hätte und durch großes Verletzungspech diese Karriere nicht ausbauen konnte. Vielmehr stürzte er immer mehr ab, ließ sich, nachdem man gut betreut hatte und nicht helfen konnte, weiter gehen. Den Verantwortlichen des im Norden nicht ganz so beliebten Fussballclubs konnte man keinen Vorwurf machen und der junge Mann stand finanziell eigentlich ganz solide da, wie die Beraterin des Ex-Fussballers den Polizisten mittteilte. Er hatte sogar schon ein Haus.
Dieses Haus erwies sich als sehr interessant. Hatte er es doch nicht in einer schicken Gegend gekauft, sondern er war bei den kleinen Leuten geblieben. In diesem Haus trafen ihn die Polizisten nicht an, sondern ein Pärchen, welches über den Besitzer nicht recht Auskunft geben konnte. Ja, erzählten sie Tabor Süden, er hätte hier schon gewohnt; wenn er da wäre, würden sie auch Miete zahlen. Wo er gewesen wäre, konnten sie nicht sagen. Immerhin erfuhren die Polizisten durch das Pärchen, dass sich Loos mal hätte blicken lassen. Nun, bekommt der Fall eine ganz anderen Zuschnitt.
Es ging nicht nur mehr um einen Verschwundenen, sondern um zwei. Was die Sache nicht viel einfacher machte.
Keine Action, keine grausamen Morde – mit Ani kann man lernen, wie man eine andere Spannung erzeugt. Er geht in Milieus, die völlig gewöhnlich scheinen, und den Leser trotzdem zu überraschen wissen. Seine Geschichten spielen in der Nachbarschaft, und da spielen sich die geheimen Dramen ab, die uns im normalen Leben beschäftigen. Ani steht mit seinem Kommissar mitten im Leben.